Logistik und IT:Prinzip Lego

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Ein IT-Begriff macht derzeit verstärkt die Runde bei Logistikern: Service-orientierten Architekturen (SOA), bei denen viele viele kleine Software-Module (Legosteine) kooperieren. Typische Anwendungen sind Transportanfragen, Statusinformationen zu einer Sendung und das Berechnen der günstigsten Frachtroute.

Stefan Koch

Ein Begriff aus der Informationstechnologie macht derzeit verstärkt die Runde bei den Logistikern: Service-orientierte Architekturen (SOA). Das noch recht junge Konzept verspricht seinen Nutzern erhöhte Flexibilität und damit Wettbewerbsvorteile beim Kampf um Marktanteile - beispielsweise indem neue Dienstleistungen schneller umgesetzt werden können.

Bei SOA kooperieren viele kleine Software-Module (Legosteine) miteinander. Diese "Services" repräsentieren jeweils ganz bestimmte Schritte in einem Geschäftsprozess - zum Beispiel Kommissionierung, Versand oder Rechnungsstellung - und reichen ihre Ergebnisse über standardisierte Schnittstellen an andere Module weiter, die durchaus auch bei einem externen Dienstleister betrieben werden können.

Zeit der monolithischen IT-Systeme geht zu Ende

Damit, so das Versprechen der SOA-Anbieter, geht die Zeit der starren und monolithischen IT-Systeme endgültig zu Ende.

Speziell im Bereich der Logistik sehen Experten sehr interessante Anwendungen für SOA. "Die IT-Landschaften vieler Transport- und Logistikunternehmen sind sehr heterogen, technisch veraltet und enthalten viele Individualentwicklungen", sagt Ralf Plotzke, SOA-Experte bei Accenture.

"Mit SOA lassen sich neue Anwendungen, zumeist Standardsoftware, und die alte Applikationswelt verknüpfen." Die Unternehmen könnten so ihre IT-Anwendungslandschaft sukzessive erneuern.

In der Logistikbranche, so Plotzke, müssen viele verschiedene Unternehmen je nach Auftrag flexibel zusammenarbeiten. Dort komme der Mehrwert von SOA - Services mit klar umrissenen Funktionalitäten über standardisierte Schnittstellen anzubieten - darum auch besonders zum Tragen.

Viel Potential

Als typische Anwendungen nennt der Experte Transportanfragen, Statusinformationen zu einer Sendung und das Berechnen der günstigsten und schnellsten Frachtroute für eine Sendung.

"Oder denken Sie an die Teileabfrage und -bestätigung eines Automobilherstellers bei seinen Zuliefern, um dem Kunden, der im Internet ein Modell konfiguriert und angefragt hat, einen Liefertermin nennen zu können."

Auch Thorsten Blecker von der Technischen Universität Hamburg-Harburg sieht viel Potential für SOA in der Logistik und betont den Zuwachs an Flexibilität. "Die Logistik muss besonders flexibel sein, weil die Unternehmen schnell reagieren müssen", sagt Blecker.

Etwa wegen der geringeren Lagerbestände (Lieferung "On-Demand"), neuen juristischen Regelungen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 (zum Beispiel im Bereich der Containersicherheit) und den ständig wachsenden globalen Warenströmen sowie der sinkenden Fertigungstiefe in der Industrie.

Hohe Flexibilität erforderlich

"Die zunehmende Verzahnung der Akteure in der Logistik erfordert eine standardisierte Infrastruktur mit hoher Flexibilität", sagt Blecker. Und genau das sei mit SOA zu erreichen - im Gegensatz zu der ebenfalls versprochenen Verringerung der Kosten, die nicht immer realisiert werde.

Für Michael ten Hompel vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund führt SOA "weg von der deterministisch vorgedachten Welt, wo man genau vorausplanen konnte, wie die Ware transportiert wird".

Stattdessen verwende man in Zukunft Services, die man genau dann in Anspruch nehmen könne, wenn man sie braucht. "So kann man kurzfristig auf den Bedarf reagieren und Netze und Bestände intelligent zusammenführen", beschreibt ten Hompel dieses Szenario.

"Dadurch entstehen große logistische Netze, in denen ähnlich wie im Internet die Waren auf dem gerade effektivsten Weg transportiert werden." Die dazu nötige Flexibilität sei ohne SOA nicht zu erreichen.

Vorreiter DHL

Seit zwei bis drei Jahren wird in der Logistik verstärkt über SOA diskutiert, und die Unternehmen haben bereits erste Pilotprojekte realisiert. Wer sind die Vorreiter der Branche? "Dazu gehört mit Sicherheit DHL", sagt Plotzke, "aber auch der Mittelstand nutzt immer stärker die Chancen, die SOA bietet."

Und viele große Software-Anbieter engagierten sich ebenfalls mittlerweile stark bei auf SOA basierenden Logistik-Lösungen. Nicht immer aber klappt die Umsetzung wie gewünscht. "Manche Projekte sind erfolgreich, andere laufen extrem schlecht", hat Blecker beobachtet - er rät trotz dieser durchwachsenen Zwischenbilanz aber den Unternehmen in der Logistik: "Alle sollten sich zumindest darauf vorbereiten."

Auch Plotzke betont die Chancen des neuen Ansatzes: "Mit SOA hat die Logistikbranche gute Voraussetzungen, Kernziele wie Standardisierung und verbesserte Konnektivität zu erreichen." Aber die Unternehmen sollten SOA nicht einführen, nur weil alle es tun. "Es muss eine klare Anforderung auf der Geschäftsebene und messbaren geschäftlichen Nutzen geben."

© SZ vom 17.10.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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