Logistik und IT:Hier spricht dein Paket

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Zu wissen, wo sich welche Waren in Echtzeit befinden, wird für alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette immer wichtiger.

Der Einsatz von Informationstechnologien ist mit der Logistik eng verknüpft.

Mit der RFID-Technologie lassen sich die Warenströme in der Wirtschaft auch innerhalb der Transportkette effizient steuern. (Foto: Foto:)

Von der Produktion in der Fabrik über das Distributionszentrum des Logistikdienstleisters bis zum Lager des Wiederverkäufers zieht sich die Verbindungskette.

Zu wissen, wo sich welche Waren in Echtzeit befinden, wird für alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette immer wichtiger. Die technischen Möglichkeiten reichen von der Satellitennavigation, Radio Frequency Identification (RFID) und drahtloser Vernetzung von Geräten bis hin zu elektronischen Lieferscheinen, um nur einige Bereiche zu nennen.

Dabei ist ein Trend eindeutig: Satellitennavigation, RFID und mobile Kommunikationssysteme verschmelzen zu einer integrativen Lösung. So genannte RealTime-Lokationssysteme machen durch Echtzeitdaten den gesamten Materialfluss transparenter, egal ob auf dem Lkw, hoher See oder im Bahnverkehr.

GPS dominiert, Marktfähigkeit von Galileo in den Sternen

Um Abläufe transparenter und rationaler zu gestalten, ist die satellitengesteuerte Navigation für die Logistik unabdingbar. Weltweit wird hauptsächlich das US-amerikanische Global Positioning System (GPS) eingesetzt, etwa bei der Sendungsverfolgung und Sendungsüberwachung, der Ortung von Fahrzeugen und Containern sowie bei verkehrsträgerübergreifenden Einsätzen zur Überwachung von Gefahrguttransporten.

Ob das europäische Satellitennavigationssystem Galileo bis 2011 auch für europäische Logistikdienstleister einsatzbereit sein wird, steht zurzeit noch in den Sternen.

Neben der satellitengestützten Sendungsverfolgung in Echtzeit erhöhen andere Informationstechnologien die Transparenz unternehmensübergreifender Logistikprozesse entlang der gesamten Versorgungskette.

Transparenz von der Produktion bis zum Endkunden

Durch elektronische Warenwirtschaftssysteme mit Barcodes und Scanner kann der Standort jeder Sendung auch im Lager exakt verfolgt werden. Bei der Auslieferung können durch die mobile Datenerfassung auch abseits eines PC-Arbeitsplatzes Daten ins Netz eingespeist werden. So sind die Informationen sofort verfügbar und können ausgewertet werden.

Das reicht bis zum Endkunden: Elektronische Lieferscheine ermöglichen die Unterschrift auf einem Touch-Screen. Eine Schlüsseltechnologie zur Vernetzung sind drahtlose Sensornetze, mit denen etwa hochpreisige Konsumgüter durch Funkkomponenten vernetzt werden. Das Entfernen von Produkten von einer Palette wird so augenblicklich durch das Funknetz und dessen Lokalisierungsmechanismen erkannt.

Rewe Vorreiter bei Sprachdialogsystemen

Einen weiteren Vorteil dieser Technologie stellt die Möglichkeit dar, die Lesesicherheit von großen Warenströmen an Tordurchfahrten deutlich zu erhöhen. Drahtlose Sensornetze bieten eine Fülle weiterer Anwendungsmöglichkeiten in der logistischen Kette.

So hat das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund ein funkgestütztes System zur Kommissionierunterstützung auf Behälterebene entwickelt. Durch die eingesetzten Sensorknoten ermöglicht das Verfahren gleichzeitig die automatische Erfassung der Temperatur und bietet sich damit für Branchen wie dem Lebensmittelsektor oder Pharma an.

In Kombination mit Sprachdialogsystemen sieht Bernhard Steimel, Sprecher der Initiative Voice Business, gute Möglichkeiten bei der Entwicklung von smarten Logistikkonzepten. So habe der Handelskonzern Rewe sein Personal im Zentrallager Westfalen mit sprachgesteuerten Endgeräten ausgestattet.

Das Zauberwort heißt RFID

"Statt wie vorher mit Handhelds umherzulaufen, Listen abzuarbeiten und zu bestätigen, haben sie nun einen Kopfhörer und bekommen Schritt für Schritt angesagt, was sie zu konfektionieren haben. Man bestätigt den Ladevorgang per Sprache. Durch die Umstellung von Touchpad-Steuerung der Lagerarbeit auf Sprachsteuerung können die Konfektionierungszeiten erheblich verkürzt werden", berichtet Steimel.

Indes: Das Zauberwort heißt RFID. Experten gehen davon aus, dass sich in der Welt der Logistik in den nächsten Jahren mit Hilfe der elektronischen Etiketten ein Paradigmenwechsel vollziehen wird.

Nicht nur große Industrie- und Handelsunternehmen investieren in Transponder, Portale und Software - RFID ist auch eine Mittelstandstechnologie.

Die Möglichkeiten von RFID gehen weit über die reine Objektidentifikation hinaus.

Durch RFID können Objekte im Materialfluss in die Lage versetzt werden, eigenständig den Weg durch ein logistisches Netzwerk zu finden.

Die technische Bandbreite reicht von passiven Labels für die Identifikation von Waren bis hin zu Minicomputern in Streichholzschachtelgröße, die aktiv miteinander kommunizieren.

Das "Internet der Dinge"

Zukünftig sollen RFID-Chips auf den Objekten über ein ausreichendes Maß an Intelligenz verfügen, um autonome Entscheidungen zu treffen, ihre Umgebung wahrzunehmen und Ressourcen anzufordern. Das "Internet der Dinge" wäre die Folge einer solchen Entwicklung.

"Es ist Zeit, dass wir fragen, was ein Paket für uns tun kann und nicht, was wir für ein Paket tun können", meint Michael ten Hompel, Leiter des Fraunhofer IML. Auch die Management-Beratung Detecon International ist davon überzeugt, dass sich RFID als Schlüsseltechnologie für die Logistik durchsetzen wird, zumal sich schon heute RFID-Projekte in ausgewählten Anwendungsbereichen amortisierten.

Der Detecon Logistik Trend Radar erwartet für die nächsten Jahre einen hohen Bedarf für das Real Time Tracking und Tracing. Weiterhin werden Fälschungsschutz über RFID-basierte Lösungen, Sensornetzwerke bei Gefahrgütertransport, industrielle PDAs sowie Anforderungen für Reparatur, Recycling von Material und Teilen großen Einfluss auf die Logistik entfalten.

RFID in Großbritannien dreimal so populär wie in Deutschland

Künftig werde diese Selbststeuerung intelligenter Objekte zunehmen, indem Ziele und Strategien auf RFID-Tags gespeichert werden und Internetportale die Informationshistorie abbilden.

Auf dem von Detecon veranstalteten Kompetenztag "Logistik 2010" zeigte Volker Lange, Leiter Verpackungs- und Handelslogistik beim Fraunhofer IML neue technische Möglichkeiten auf: So würden schon heute Unternehmen mittels RFID falsche Beladungen von Lkw nahezu ausschließen.

In erfolgreichen Versuchen bewies das Fraunhofer-Institut unter Praxisbedingungen die Funktionsfähigkeit. 200 Behälter waren bei diesem Versuch integriert. Auf einer Palette im Pulk ließen sie sich identifizieren.

Allgemein bemängelte Lange jedoch zögerliche Entscheidungsprozesse: "Wir brauchen in den Unternehmen mehr Mut zur Veränderung und weniger Bedenkenträger." So würden in Großbritannien ungefähr dreimal mehr RFID-Anwendungen in Betrieb gehen als in Deutschland.

© SZ vom 12.06.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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