Lkw-Maut:Kaum Aussicht auf Schadenersatz

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Die Chancen des Bundesverkehrsministeriums, vom Mautsystem-Betreiber Toll Collect Schadenersatz zu erhalten, stehen offenkundig schlecht.

bry/bue.

(SZ vom 19.09.2003) — Die Chancen des Bundesverkehrsministeriums, vom Mautsystem-Betreiber Toll Collect Schadenersatz zu erhalten, stehen offenkundig schlecht.

Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) hatte zwar mehrfach angekündigt, sich mit Toll Collect über solche Ansprüche verständigen zu wollen. Der Maut-Betreiber, hinter dem maßgeblich die Konzerne DaimlerChrysler und Deutsche Telekom stehen, lehnt die Forderungen aber ab.

"Wir haben einen wirksamen Vertrag, und der sieht keinen Schadenersatz vor", sagte Toll-Collect-Geschäftsführer Michael Rummel der Süddeutschen Zeitung.

Keine Gespräche

Fordere der Bund trotzdem Schadenersatz, dann wäre dies ein Vertragsbruch, stellte Rummel fest.

Toll Collect wies zudem Aussagen eines Ministeriumssprechers zurück, wonach es "konstruktive Gespräche" gebe und es hier in absehbarer Zeit zu einer Lösung kommen werde.

Es gebe keine Gespräche zu dem Thema und es fehle auch die Grundlage, betonte ein Toll-Collect-Sprecher. Das Unternehmen ist demnach nicht gewillt, ganz oder teilweise für die hohen Mautausfälle aufzukommen, die durch den verspäteten Systemstart entstehen. Dem Bund gehen mit jedem Monat Verzögerung mindestens 163 Millionen Euro Mauteinnahmen verloren, die dem Bundeshaushalt fehlen.

Stolpe hatte kürzlich eingeräumt, dass in den Verträgen keine Schadenersatzforderungen festgeschrieben sind. Die Bundesregierung habe aber auf die Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) "natürlich nicht verzichtet", sagte er.

Auch der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt, hatte verlangt, Toll Collect über das BGB haftbar zu machen. "Es darf nicht sein, dass sich DaimlerChrysler und Deutsche Telekom auf Kosten des Steuerzahlers einen schlanken Fuß machen", sagte Schmidt.

Doch diese Forderungen des Bundes dürften nach Ansicht von renommierten Juristen ins Leere laufen. "Bei solch großen Geschäften werden alle Haftungsfragen in der Regel bis ins Detail geregelt", sagten Ian Andrews und Kornelius Kleinlein von der Anwaltskanzlei Linklaters Oppenhoff & Rädler: "Daher ist ein Rückgriff auf die allgemeinen Regeln des BGB normalerweise nicht möglich."

Das Bundesverkehrsministerium und Toll Collect haben in ihren Verträgen lediglich sehr moderate monatliche Haftungs- und Vertragsstrafen im einstelligen Millionenbereich vereinbart.

Demnach ist der Mautbetreiber zunächst für die ersten vier Monate von solchen Ansprüchen freigestellt. Stolpe hatte kürzlich gesagt, dass solche Forderungen erst drei Monate nach dem regulären Beginn des Mautsystems greifen würden.

Mehrere Industrieverbände haben die Schuldzuweisungen zwischen Politik und Toll Collect als kontraproduktiv kritisiert.

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