Lkw-Gebühr:"Keiner glaubt noch an die Maut im Jahr 2004"

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Trotz des Verhandlungsdrucks im Streit um die Einführung des Lkw-Mautsystems pokern die Bundesregierung und das Betreiberkonsortium Toll Collect weiterhin.

Bis zum kommenden Wochenende gebe es nur noch zwei Verhandlungsrunden, sagte der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, Felix Stenschke, am Montag.

Dann soll Toll Collect einen realistischen neuen Starttermin für das seit Ende August überfällige Mautsystem und einen Millionen-schweren Ausgleich für die Einnahmeausfälle garantieren.

Dagegen blieb ein Sprecher des Konsortiums aus DaimlerChrysler, Deutsche Telekom und der französischen Mautgesellschaft Cofitour in der Terminfrage völlig unbestimmt.

"Kein Gespräche über Schadenersatz"

Außerdem widersprach er schroff Presseberichten über ein angebliches finanzielles Entgegenkommen: "Es gibt keine Gespräche über Schadenersatz." Experten gehen dennoch davon aus, dass Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) seine erste Kündigungsmöglichkeit am 15. Dezember nicht nutzen wird.

Die Brummi-Halter beklagen indessen Stillstand. Dies betreffe auch Ausbau und Ersatz der fehlerhaften Maut-Lesesysteme (Obu) in den Lkw, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik, Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt.

"Keiner glaubt noch an die Maut im Jahr 2004." Experten in Politik und bei Verbänden gehen jetzt davon aus, dass die Lkw-Straßenbenutzungsgebühr wegen andauernder technischer Probleme frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2004 eingeführt werden kann.

Der Sprecher von Toll Collect wollte keinen Starttermin bestätigen. Auch zur Forderung des Verkehrsministeriums, einen solchen Zeitpunkt bis zum Wochenende anzukündigen, sagte er nur: "Es wird sicher noch in diesem Jahr möglich sein, über den Stand der Technik zu unterrichten."

Auf Anfrage widersprach er Berichten, wonach Toll Collect zu Zugeständnissen über die Vertragsstrafen hinaus bereit sei. Diese betragen 7,5 Millionen Euro monatlich seit dem laufenden Monat und werden von März an 15 Millionen betragen.

"Völlig inakzeptabel"

Stolpe nannte diese bisherige Vertragssumme aber im Gespräch mit dem Handelsblatt (Montag) "völlig inakzeptabel, weil sie nur ein Zehntel der Einnahmeausfälle des Bundes von 156 Millionen Euro monatlich abdeckt".

Der Minister hatte bereits zuvor einen vollen Ausgleich verlangt, der für das letzte Jahresdrittel gut 600 Millionen ausmachen sollte. "Nicht mehr akzeptabel" nannte Stolpe darüber hinaus, dass es immer noch keinen klaren Starttermin gebe. Er hoffe weiter auf Toll Collect.

Allerdings könne man sich nicht mehr auf Treu und Glauben verlassen. Daher würden zum satellitengestützten Mautsystem von Toll Collect Alternativen wie andere Vertragspartner, die Wiedereinführung der Vignette und die Mikrowellentechnik zum Beispiel der Österreicher geprüft.

Stolpes Sprecher betonte, dass der "viel härtere und sehr dezidiert im Vertrag festgelegte Kündigungstermin" der 31. Mai 2004 sei. Bis dahin müsste die vorläufige Betriebserlaubnis erteilt worden sein. Käme die Maut erst im dritten Quartal, wäre dies nicht mehr durch den bisherigen Vertrag gedeckt, sagte Stenschke.

"Insofern entstehen dem Staat gegenüber dem Unternehmen für die entgangenen Mauteinnahmen Schadenersatzansprüche in nicht unbedeutender Höhe. Und sie berechnen sich nach den entgangenen Einnahmen vom 31. August (2003), bis ein neues System errichtet werden könnte."

Was dies für Verkehrsprojekte und ihre Einschränkung bedeutet, wollte das Ministerium noch nicht sagen. Weitere Einbußen drohten aus dem Vermittlungsverfahren zu den Reformgesetzen, wenn die Subventionsabbau-Pläne der Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) aus Nordrhein-Westfalen und Roland Koch (CDU) aus Hessen aufgegriffen würden. Das würde den Bau- und Verkehrshaushalt empfindlich belasten.

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