Liquidität:Mehr Unsicherheit

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Die Bondmärkte sind laut Experten des IWF anfälliger für Schocks. Warum Flash Crashs künftig häufiger auftreten können.

Von Katharina Wetzel

Viele hielten so ein Ereignis nicht für möglich. Am 15. Oktober 2014 fielen die Renditen für zehnjährige amerikanische Staatspapiere binnen fünf Minuten um rund 15 Prozent. Dabei galten US-Staatsanleihen immer als extrem liquide, also leicht handelbar. Doch solche Flash Crashs können künftig häufiger auftreten, schätzt Gaston Gelos, Leiter der Analyseabteilung für Finanzstabilität beim Internationalen Währungsfonds: "Die Bondmärkte sind nicht mehr so robust wie vor der Krise und anfälliger für Schocks."

Seit der Finanzkrise hat sich die Gefahr eines Handelsstreiks verschärft. Selbst bei Bundesanleihen kam es im April zu einem Flash Crash. Zeitweise fand sich kein Käufer mehr. Für solche sonderbaren Episoden an den Bondmärkten hat sich im englischsprachigen Raum der Begriff "Bond tantrum" eingebürgert. Tantrum heißt übersetzt Wutanfall und wird eigentlich in einem Kontext verwendet, wenn kleine Kinder einen Schreianfall haben.

Die Frage, die Experten wie Gelos umtreibt, ist, was bei einem bevorstehenden Zinsanstieg in den USA passieren könnte. "Die Sorge aus systemischer Sicht ist, dass gewisse Märkte ganz austrocknen." Unterm Strich kann eine aktuelle IWF-Untersuchung zur Liquidität zwar keine allgemeine Verschlechterung feststellen, die Risiken bei einem möglichen Schock seien jedoch größer. So sei nicht mehr so klar, wer bei einem Preissturz einspringen kann, sagt Gelos. Eigentlich treten Banken als Käufer oder Verkäufer am Markt auf und nehmen die Papiere zeitweise in ihre Bücher. Sie haben sich aus ihrer Rolle als "market maker" aber zurückgezogen. Zudem investieren immer mehr Fondsgesellschaften verstärkt in Anleihen, insbesondere in hochverzinsliche Bonds, die als weniger leicht veräußerbar gelten. Bei einem unerwarteten Schock könnte es zu Verwerfungen und einem Preisverfall der Papiere kommen, wenn gleichzeitig viele Anleger aus den Produkten ihr Geld abziehen.

Was kann helfen, damit die Märkte intakt bleiben? "Zentralbanken sollten vorbereitet sein und für alle Fälle Pläne haben, wie sie ein Austrocknen der Märkte verhindern können", meint Gelos. Eine Möglichkeit sei etwa, dass Zentralbanken im Notfall garantierten, bestimmte Papiere als Sicherheiten anzunehmen. Die künftige Normalisierung der Geldpolitik sollte sanft eingeleitet und von einer Kommunikation begleitet werden, die das Vertrauen der Investoren stärke.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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