Linde :Schön für den Kurs 

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Ein Lkw der Linde-Gruppe, der das Gas Helium transportiert – gesehen im kanadischen Saskatchewan. Für die Aktionäre gibt es bald mehr Geld. (Foto: Rod Nickel/Reuters)

Warum der Industriegase-Hersteller ein gigantisches Aktienrückkauf-Programm verkündet.

Immer wieder kaufen Unternehmen ihre eigenen Aktien zurück, aber dieser Rückkauf dürfte der größte werden, den ein Konzern im Deutschen Aktienindex (Dax) jemals in Angriff genommen hat. Der aus der deutschen Linde AG und der amerikanischen Praxair entstandene Industriegase-Hersteller Linde Group will bis zu sechs Milliarden Dollar für den Rückkauf von gut 37 Millionen Aktien einsetzen. Das sind 6,8 Prozent des Grundkapitals. Damit will der Konzern den größten Teil der Einnahmen aus dem Verkauf von Unternehmensteilen, den die Kartellbehörden im Zuge der Fusion mit dem US-Rivalen Praxair verlangt hatten, wieder an seine Aktionäre zurückgeben.

Die Kalkulation geht so: Analysten haben berechnet, dass Linde auf diese Weise mehr als zehn Milliarden Dollar einnimmt. Steuern abgezogen, Schulden getilgt - unterm Strich dürften demnach noch an die sieben Milliarden Dollar übrig bleiben. Geld, das nun genutzt wird.

Immer dann, wenn so ein großes Programm bekannt gegeben wird, gehen die Aktien des jeweiligen Unternehmens erst einmal rauf. Das war auch am Dienstag bei Linde so. Nachdem der Plan, spätestens am 1. Mai mit dem Rückkauf zu starten, bekannt gemacht wurde, stieg die Linde-Aktie um 1,3 Prozent auf 141,85 Euro.

Shareholder Value, ganz groß: Beobachter sehen Lindes Schritt als Beleg dafür, wie angelsächsisch das Unternehmen durch die Fusion in den USA geworden ist.

Gerade in den USA sind Aktienrückkäufe aus Gründen der Kurspflege quasi an der Tagesordnung, in Deutschland sind sie erst seit 1998 unbeschränkt erlaubt. Europäische Firmen haben 2018 nach Daten der Deutschen Bank eigene Aktien für 31 Milliarden Euro erworben und eingezogen - in den USA kauften Unternehmen aus dem S&P-500-Index dagegen gleich für 800 Milliarden Dollar.

Der Vorteil solcher Rückkäufe: Sie stützen den Kurs, weil das Unternehmen selbst seine Aktien kauft. Folge: Der Gewinn je Aktie steigt, wenn die zurückgekauften Papiere eingezogen werden. Damit steigt der Spielraum für eine Erhöhung der Dividende. Auch die Münchener Rück und die Allianz gehören zu den Unternehmen, die Aktien in großem Stil zurückkaufen.

Linde ist seit der Fusion die Nummer eins auf dem Weltmarkt für Industriegase, allerdings hatten die Wettbewerbshüter in Brüssel und Washington den Verkauf des gesamten Europa-Geschäfts von Praxair und eines Großteils des Amerika-Geschäfts von Linde verfügt, damit der Zusammenschluss stattfinden konnte. Und es könnte weiter gehen: Analysten von Bernstein erwarten, dass Linde insgesamt bis zu 15 Milliarden Dollar für eigene Aktien ausgeben und dafür sogar Kredite aufnehmen könnte. Allerdings: "Wir nehmen an, dass der Vorstand vorsichtig bleiben wird, bis die Fusion auf einem guten Weg ist", heißt es in ihrer Studie.

© SZ vom 23.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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