Leserfrage:Bank- oder Anlageberater - Wem sollen wir vertrauen?

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Aus unserem Templeteon-Aktienfonds wurden in zwanzig Jahren 1,2 Millionen Euro. Unser Anlageberater rät zwecks Risikostreuung zur kostenfreien Umschichtung, unser Bankberater jedoch dringend zum Verkauf - und bietet uns stattdessen Versicherungen, Private Equity-Anteile und geschlossene Fonds an. Was sollen wir tun? Klaus und Maria G., Frankfurt

Andreas Beck*)

Der Mensch möchte Geld verdienen. Das ist der gemeinsame Nenner zwischen Ihnen, Ihrem freien Anlageberater und Ihrem Bankberater. Leider führt diese Gemeinsamkeit zu unterschiedlichen Zielen bezüglich der weiteren Anlage Ihrer 1,2 Millionen Euro. Ohne dass ich Ihre Berater kenne, erlaube ich mir, Ihnen im Folgenden deren mögliche Motivlage etwas pointiert zu beschreiben:

Für Ihren Bankberater ist die jetzige Situation höchst unbefriedigend. Da sind 1,2 Millionen Euro in einem Templeton-Fonds, vermittelt durch einen Konkurrenten, und er hat nichts davon. Das will er natürlich ändern und empfiehlt Ihnen die Produkte, an denen er am meisten verdient. Die genaue Höhe seiner Provisionen hängt natürlich vom konkreten Produkt ab.

Bei einem geschlossenen Fonds sind aber fünf Prozent offizielles Aufgeld plus zehn Prozent verdeckte Provision nicht selten. An Versicherungen und dem Verkauf von Anteilen an Private-Equity-Fonds verdienen Vertriebe auch nicht schlecht. Da 15 Prozent von 1,2 Millionen Euro immerhin 180.000 Euro sind, verstehen Sie jetzt vielleicht, warum er so einen Druck auf Sie ausübt.

Der eine gedrängt - der andere in komfortabler Position

Für Ihren freien Berater ist die Situation komfortabler. Ausländische Fondsgesellschaften bezahlen ihre freien Vertriebspartner fürstlich, um einen Einstieg in den deutschen Markt zu schaffen. Wenn Ihr Berater genug Umsatz bei Templeton macht, so bekommt er etwa 0,6 Prozent jährliche Bestandsprovision für das von ihm vermittelte Geschäft.

Konkret bedeutet das, dass Ihr freier Berater an Ihrem Geld pro Jahr 7200 Euro Bestandsprovision verdient. Damit sollte er eigentlich zufrieden sein, und vermutlich ist seine Empfehlung, auf mehrere Fonds zu streuen, für ihn einkommensneutral und mithin gut gemeint.

Und jetzt zu Ihnen: Sie sind zufrieden und haben auch sonst kein Interesse, Geld zu einem Problem werden zu lassen, um das Sie sich kümmern müssen. In diesem Sinne wäre es naheliegend, die Situation so zu lassen wie sie ist - selbst wenn man aus fachlicher Perspektive einer Risikostreuung über verschiedene Anlageklassen mit geringerem Aktienanteil einiges abgewinnen könnte.

*) Andreas Beck ist Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau in München.

© SZ vom 30.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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