Leihräder:Mit Motor und Abo

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In Deutschland auf Tour: Start-ups wollen Radler mit neuen Geschäftsmodellen begeistern. (Foto: Swapfiets)

Start-ups bieten Elektrofahrräder im Abo an, Reparaturen inklusive. Aber ist das auch nachhaltig?

Von Jacqueline Hadasch, München

Mehr als 20 Jahre hat er sich beim amerikanischen Sportartikelkonzern Nike um T-Shirts und Turnschuhe gekümmert. Jetzt verkauft er Fahrrad-Abos. Der Niederländer Marc van Pappelendam arbeitet seit Jahresbeginn beim Start-up Swapfiets in Amsterdam, einer jungen Firma mit gerade mal 500 Mitarbeitern.

Swapfiets verleiht Fahrräder, ob mit oder ohne Elektromotor, ab einem Monatspreis von 19,50 Euro, Reparaturen und Ersatz bei Diebstahl inbegriffen. Das Unternehmen, dessen Namen sich aus der englisch-niederländischen Kombination aus "swap" für Tausch und "fiets" für Fahrrad zusammensetzt, will vom E-Bike-Boom profitieren. In 23 deutschen Städten sind die Räder bereits unterwegs, in diesem Jahr sollen sieben neue Niederlassungen hinzukommen. Das Geschäftsmodell gewinnt an Beliebtheit. "Die Menschen wollen sich nicht selbst um die Instandhaltung kümmern", erklärt Andre Illmer, Deutschlandchef von Swapfiets.

Das Start-up wurde vor sechs Jahren von den Studenten Dirk de Bruijn, Martijn Obers und Richard Burger gegründet, die sich um die heruntergekommenen Fahrräder ihrer Kommilitonen kümmerten. Das Trio konzentrierte sich zu Beginn auf die Niederlande. Heute ist Swapfiets auch in Belgien, Dänemark und Deutschland vertreten. Bei der Deutschland-Offensive habe man ein anderes Fahrverhalten als in den Niederlanden bemerkt. "Die Deutschen sind eher Schönwetterfahrer", sagt Illmer. Auch die Infrastruktur unterscheide sich von der der Nachbarn. In Holland gebe es gleich viel Platz für Fahrräder und Autofahrer. Soweit sei Deutschland längst nicht. Trotzdem wolle man in diesem Jahr die Präsenz hierzulande ausbauen. Dabei setze man verstärkt auf E-Bikes. Die können in München und Münster abonniert werden, weitere Standorte sollen folgen.

Den deutschen Markt für E-Bike-Abos teilen sich derzeit vier Start-ups. Neben Swapfiets verkaufen auch Smafo, Ebike-abo und VanMoof seit kurzer Zeit Abonnements für Elektrofahrräder. Das Konzept der Firmen ist ähnlich: Gegen einen fixen Monatspreis können Kunden die Fahrräder für eine Mindestlaufzeit von wenigen Monaten abonnieren. Reparaturen und Tausch von kaputten Teilen sind im Preis enthalten. Auch E-Scooter testet Swapfiets nun. "In Berlin haben wir E-Roller zum Abonnieren im Test", erzählt Illmer. Das Angebot laufe gut und werde eventuell ausgebaut.

Auch Neuling Smafo, 2018 gegründet, drängt verstärkt in den deutschen Markt. Die Firma ist mit Paderborn, Bielefeld und Dortmund in drei Städten vertreten, in denen Swapfiets noch keine Filiale hat. Sie bietet ihre Abos ausschließlich für E-Bikes an. "Das ist die einzige vertretbare und realistische Form, um Autos langfristig zu ersetzen", sagt Wolfram Bölte, Markenmanager bei Smafo. Durch den zusätzlichen Motorantrieb sei es komfortabel, auch längere Strecken auf zwei Rädern statt mit dem Auto zurückzulegen. Für ihre Elektrofahrräder habe die Firma mehr als 350 Abonnenten und wolle im Ruhrgebiet weiter expandieren.

Sind E-Bikes nachhaltig? Die Swapfiets-Roller seien eine nachhaltigere Alternative zum E-Scooter-Verleih auf Minutenbasis, meint Illmer. "Wenn die Roller abonniert sind, werden sie nicht wahllos in der Stadt liegen gelassen - das verärgert nur die Bewohner", sagt der Deutschlandchef. Auch Fahrräder mit Motoren taugen seiner Ansicht nach - dank Abonnement - als grünes Geschäftsmodell: "Wir schmeißen nichts weg. Mit dem nächsten Kunden kriegt jedes Zweirad ein nächstes Leben."

Die Motoren der E-Bikes kämen von einem großen Autozulieferer - um die Langlebigkeit des Produkts zu garantieren. Ähnlich sieht das Bölte von Smafo, auch die Paderborner beziehen die Akkus von einem großen Zulieferer. "Der Motor ist nachhaltig, weil da eine große Industrie dahinter steht, die die Akkus wieder aufbereitet", findet der 39-Jährige. Laut Umweltbundesamt ist eine lange Haltbarkeit des Akkus wichtig, um nachhaltig mit dem E-Bike zu fahren, denn deren Herstellung verursacht Treibhausgase. Zumindest gegenüber Autos seien E-Fahrräder eine ökologische Alternative; nach Angaben der Umweltbehörde spare ein E-Bike auf 100 Kilometern rund 18,6 Kilogramm CO₂ gegenüber einem Dieselwagen ein.

Zur Geschäftsentwicklung will man bei Swapfiets noch keine konkreten Angaben machen. "Die Umsatzentwicklung ist sehr gut", sagt Illmer lediglich. Auch Smafo macht noch keine konkreten Angaben zu Umsätzen und Gewinnen. Kann man damit Geld verdienen? "Entscheidend für den Erfolg solcher neuen Angebote ist der zügige Ausbau der Fahrradinfrastruktur", sagt Stephanie Krone, Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Die sei vielerorts noch so schlecht, dass sie Menschen eher vom Radfahren abschrecke.

© SZ vom 24.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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