Legendäre Technik-Flops
Apple-Newton
Technik, die nicht hält, was sie verspricht, landet im Müll und oft genug auch auf dem Abfallhaufen der Geschichte. Aber nicht alles, was weggeworfen oder (wenn's gut geht) recycelt wird, hat nichts getaugt. Die meisten Gerätschaften, die sich der Mensch erschafft, haben einfach bloß ihre Zeit. Danach kommt eine neue Technik und macht es besser als die alte (was einige Nörgler anfangs immer bestreiten). Doch es gibt auch Momente, die in dieses Schema nicht passen. Techniken, die eigentlich gut sind, sich aber einfach nicht durchsetzen können. In dieser Welt - das merken viele Erfinder zu spät - braucht man nämlich immer mindestens zwei gute Ideen: eine für die Technik selber und eine, um sie zu verkaufen, ein Geschäft daraus zu machen. Das ist es, was zum Beispiel Nikola Tesla, den erratischen Erfinder, und Thomas Alva Edison, den klugen Geschäftsmann, unterscheidet. Und noch etwas kommt dazu: Blickt man auf die Geschichte technischer Neuerungen, fällt auf, dass viele Erfindungen eigentlich mehrere Väter oder Mütter haben. Die Zeit, so kann man daraus schließen, war dann eben einfach reif - hätte es die eine nicht erfunden, wäre schon bald ein anderer mit dieser Idee auf den Plan getreten. Wer aber außerhalb dieses günstigen Zeitfensters mit einer Erfindung daherkommt, zu früh oder auch zu spät, dessen Garage wird immer eine Garage bleiben und nicht zu einem Großkonzern werden. Eine kleine Auswahl aus dem imaginären Museum der Technik, die einfach zu gut war für diese Welt. Hirnverstärker Das Wünschen half zwar nichts mehr, damals Anfang der 1990er-Jahre, aber der Glaube an die segensreiche Wirkung der Computertechnik war doch noch um einiges unschuldiger als heute. Wie wäre sonst zu erklären, dass man Apples Newton, sozusagen den Vorläufer des iPads, ursprünglich BrainAmplifier nennen wollte, Hirnverstärker. Eher hirnverbrannt fand Steve Jobs das Gerät, das er gleich nach seinem Wiedereinstieg bei Apple 1998 regelrecht vernichtete: Entwicklung und Produktion wurden sofort eingestellt, und 30.000 Geräte der Newton-Reihe sollen sogar auf eine Apple-eigene Mülldeponie in Utah gekippt worden sein. Aber auch wenn er die Ansprüche des Steve Jobs nicht erfüllte, war der Newton in vielerlei Hinsicht zukunftsweisend. Zum Beispiel mit seiner Handschriftenerkennung oder mit den Prozessoren von ARM. Ihre Nachfolger treiben heute fast alle Smartphones an, auch Apples iPad. Helmut Martin-Jung
Legendäre Technik-Flops
Der Zeit voraus
Dass Autos mit Explosionsmotoren ihrer Wege fahren, dass sie stinken und lärmen müssen, galt keinesfalls von Anfang an als ausgemacht. Für den Österreicher Ferdinand Porsche schon gar nicht. Als der Konstrukteur im Jahr 1899 bei der Wiener k. u. k. Hof-Wagen- und Automobilfabrik Lohner anheuerte, dauerte es nicht lange, bis den Motorpionieren Daimler und Diesel harte Konkurrenz erwuchs. Der sogenannte Lohner-Porsche wurde von zwei Elektromotoren angetrieben, die in den vorderen Radnaben saßen. Weil aber Elektromobile nur eine beschränkte Reichweite besaßen, schaltete Porsche später noch einen Verbrenner zu. So wurde das Modell "Semper Vivus" zum ersten Hybridantrieb der Geschichte. Leider zu früh. Zu aufwendig, zu teuer, lautete das Todesurteil. Jörg Reichle
Legendäre Technik-Flops
Spätzünder
Ach, waren das noch Zeiten, als es einem die Fernsehsender noch nicht wie heute verbieten konnten, über die Werbung zu - ja, genau, man sagt immer noch: - spulen. Fernsehen wurde auf Kassetten mit Magnetbändern aufgezeichnet damals. Technisch sehr avanciert war das System Video 2000 von Grundig und Philips. 1979 eingeführt, hielt es aber nicht durch bis zum Jahr 2000, sondern nur schlappe sieben Jahre. Obwohl man die Kassetten beidseitig benutzen konnte, obwohl die Ingenieure dem System als erstem eine automatische Spurnachführung spendiert hatten. Gegen Betamax und vor allem gegen das VHS-System kam man nicht an. Die Technik war daran am wenigsten schuld. Video 2000 kam schlicht zu spät, eine Rolle spielte auch die Pornofilm-Branche, die auf VHS setzte. Helmut Martin-Jung
Legendäre Technik-Flops
Ein kurzer Sommer
Sommer 2000: Wir lagen im Freibad, und die Welt gehörte uns. Unsere Welt war eine kleine Welt, ihr wichtigster Teil passte sogar auf eine ganz kleine Scheibe, die gut geschützt in einer Plastikhülle lagerte. Das war die Musik, die wir liebten und wir speicherten sie auf MiniDiscs. Die Vorteile gegenüber portablen CD-Spielern waren gigantisch: Ein MiniDisc-Spieler passte fast in die Hosentasche. Sein Akku hielt fast einen ganzen Tag durch. Man konnte eine Disc fast beliebig oft überspielen. Der Player war fast immun gegen Erschütterungen und spielte nach einem Stoß fast ohne Unterbrechung weiter. Am Ende waren es ein paar "fast" zu viel. Dann kam das MP3-Format, Musik als Datei. Keine Mechanik mehr. Nur eine blinkende Leuchtdiode. Willkommen in der Zukunft. MP3 killte ganze Geschäftsmodelle, die MiniDisc war da eher Kollateralschaden. Sie starb jung. Unser Sommer im Freibad ging auch viel zu schnell vorbei. Johannes Boie
Legendäre Technik-Flops
Was'n DAT?
Mein Schulfreund Peter war ein Hifi-Experte. Er war kein Angeber, er hatte einfach Ahnung von Musikanlagen und baute sich sogar seine eigenen Boxen. Eines Tages, Anfang der Neunziger, zeigte er mir einen großen schwarzen Kasten. Ein neuer CD-Spieler? Peter schüttelte den Kopf: ein DAT-Recorder! Digital Audio Tape. Magnetbänder, die stundenlang laufen. Beste Klangqualität. Peter spielte mir darauf eine alte Supertramp-Platte vor (oder hieß es jetzt Supertramp-DAT?). Ich war beeindruckt. Peter hat nach und nach alles auf DAT umgestellt. Ich wollte noch warten. 1000 Mark oder mehr, allein für den Recorder? Das würde sicher noch günstiger werden. Manchmal siegt die Trägheit. Erst war die CD doch zu mächtig, dann kam der Hype um MP3ff. Peter hat den DAT-Recorder längst eingemottet. Tanjev Schultz
Legendäre Technik-Flops
Massenware
Es ging dabei nie einfach nur um irgendeine Technologie. Das papierlose Büro war immer auch das Versprechen von einer besseren Welt: grenzenlose Kommunikation, schneller Zugang zu Informationen, die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie - das waren die Ideale, die den Vorkämpfern für einen papierlosen Büroalltag in den 80ern und 90ern vorschwebten. Passiert ist seitdem einiges - aber das Papier ist nicht aus den Büros verschwunden. Im Gegenteil: Seit Anfang der 80er-Jahre ist der weltweite Papierverbrauch um etwa die Hälfte angestiegen. Einst war das Drucken eine teure Angelegenheit. Der technische Fortschritt hat es nicht abgeschafft, er hat es nur kostengünstiger und massentauglich gemacht. Pascal Paukner
Legendäre Technik-Flops
Nimm's auf, Charlie!
Und plötzlich begann der Radioreporter Herbert Morrison, der zusammen mit Tonmann Charlie Nelson die Landung der Hindenburg in New Jersey beschreiben sollte, zu schreien: "...it bursts into flames. Get this, Charlie! Get this, Charlie! It's fire - and it's crashing." Die Ära der Luftschiffe, an jenem 6. Mai 1937 ging sie zu Ende. Dabei hatten sie zeitweise als alternative Beförderungsart zu Flugzeugen gegolten in ihrer große Blütezeit in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen. Die Luftschiffe Ferdinand von Zeppelins waren so erfolgreich, dass sein Name zum Synonym für sie wurde ... und dann explodierte die Hindenburg, das größte Luftschiff aller Zeiten. Ganz verschwunden sind Zeppeline bis heute nicht, werden für Luftaufklärung oder Minensuche genutzt. Aber das Unternehmen, das Luftschiffe wieder in großem Rahmen als weltweite Frachttransporter etablieren wollte, meldete 2002 Insolvenz an. Petra Steinberger