Lebensversicherungen:Jetzt fällt auch noch die Drei-Prozent-Marke

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Kunden von Lebensversicherungen drohen weiter sinkende Gewinnbeteiligungen. Nach Überzeugung der Ratingagentur Fitch werden viele Gesellschaften auch 2003 lediglich den gesetzlichen Mindestzins von 3,25 Prozent bis vier Prozent auszahlen.

Von Stefan Weber

(SZ vom 01.10.03) - Ungeachtet der seit Jahresbeginn um durchschnittlich zehn Prozent gestiegenen Aktienkurse hat sich die Situation für die deutschen Lebensversicherer nach Einschätzung von Fitch keineswegs entspannt.

Vielmehr sei damit zu rechnen, dass die Mannheimer Lebensversicherung nicht die einzige Gesellschaft bleiben werde, die vom Sicherungsfonds der Branche (Protektor) aufgefangen werden müsse, heißt es in einer Studie von Fitch.

Die neben Standard & Poors und Moody's zu den führenden Ratinggesellschaften gehörende Agentur hat 86 deutsche Gesellschaften mit Blick auf ihre Finanzkraft unter die Lupe genommen.

Wertvernichter

Wie es in dem Report heißt, haben sich die großen Markenversicherer im Jahr 2002 auch als überdurchschnittlich große Wertvernichter erwiesen. Die 20 Lebensversicherer mit der schlechtesten Performance, die zwei Drittel der Abschreibungen und stillen Lasten des Marktes zu verbuchen hatten, besitzen einen Marktanteil von rund 50 Prozent.

"Dagegen haben einige kleine und mittelgroße Gesellschaften das Katastrophenjahr 2002 relativ gut überstanden und kaum etwas von ihrer Finanzstärke eingebüßt", meint Marko Metzler, der für die Studie verantwortliche Analyst.

Er betont jedoch, für die Einstufung in die eine oder andere Bonitätsklasse keineswegs allein die Finanzkraft verantwortlich sei. Dies sei nur eins von mehreren Kriterien.

Stille Lasten

Nach den Erkenntnissen von Fitch summierten sich die stillen Lasten und Abschreibungen der deutschen Lebensversicherer Ende 2002 auf 51,1 Milliarden Euro. Davon verblieben 16,3 Milliarden Euro als vermiedene Abschreibungen in den Büchern.

Weil sich auf der anderen Seite stille Reserven auf Immobilien und festverzinsliche Wertpapiere lediglich auf rund 20 Milliarden Euro summierten, verfügten die Gesellschaften am Jahresende kaum noch über nennenswerte Reserven, um zukünftige Belastungen abzufedern. "Die absehbare Realisierung der Abschreibungen ist für eine Vielzahl der am Markt agierenden Versicherer existenziell bedrohlich", heißt es in dem Report.

Nach Ansicht von Metzler hilft den Gesellschaften auch nicht aus der Bredouille, dass der Dax derzeit rund 300 Punkte über dem Niveau von Anfang Januar notiert. Denn unter dem Druck des Marktes und aufgrund schlechter Erfahrungen hätten viele Versicherer ihre Aktienquote in den vergangenen Monaten deutlich reduziert.

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft beziffert den Aktienanteil an den gesamten Kapitalanlagen der Lebensversicherer auf etwa sieben Prozent. In den Vorjahren war die Quote weit mehr als doppelt so hoch gewesen.

Der jüngste Zinsanstieg ist nach der Einschätzung von Fitch auf kurze Sicht eher negativ für die Versicherer. Der Grund: Parallel zu den steigenden Zinsen schmelzen die durch Kursgewinne gebildeten stillen Reserven der Gesellschaften dahin.

Fitch kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der Situation auf dem Kapitalmarkt derzeit nur wenige Versicherer in der Lage seien, kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungsprodukte profitabel anzubieten.

Griff in die Schatzkiste

Die Mehrzahl der Unternehmen könne nicht die Gewinnbeteiligung in Höhe von 4,7 Prozent erwirtschaften, die den Kunden derzeit im Durchschnitt gezahlt wird. Die Gesellschaften müssten deshalb zum Teil tief in ihre Reserven greifen. Weil diese Polster jedoch immer dünner werden, ergibt sich nach Ansicht der Ratinggesellschaft nur eine Konsequenz: Die Lebensversicherer werden ihre Ausschüttungen 2003 weiter kürzen - in einigen Fällen auf den gesetzlich fixierten Mindestzins von 3,25 Prozent.

Bei Neuverträgen könnten Versicherte möglicherweise nur noch mit dem ab kommenden Jahr reduzierten Garantiezins von 2,75 Prozent rechnen.

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