Lebensversicherungen:Angst essen Brotneid auf

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Wenn es um das eigene Image geht, muss der Konkurrenzgedanke hintanstehen: Bei einem Geheimtreffen hat die Lebensversicherungsbranche offenbar eine Kapitalspritze beschlossen, um einen Kollaps des angeschlagenen Wettbewerbers Mannheimer abzuwenden.

Bei einem Geheimtreffen hätten sich das Präsidium und der Hauptausschuss Lebensversicherung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Montagabend in getrennten Sitzungen darauf verständigt, die Mannheimer mit insgesamt 370 Millionen Euro zu stützen.

Der deutsche Lebensversicherungsmarkt im Jahr 2002. (Foto: dpa)

Der Betrag liegt damit sogar um 70 Millionen Euro über der bisher in Branchenkreisen veranschlagten Kapitalspritze. Die Unternehmen sollen entsprechend ihrer Marktanteile zur Kasse gebeten werden. Die 370 Mio. Euro beruhten auf den letzten Schätzungen einer Arbeitsgruppe, die sich mit dem Rettungsplan beschäftigt habe, schreibt die FTD weiter.

Hochrangiges Präsidium

Im 15-köpfigen Präsidium sitzen die Spitzen der deutschen Versicherungswirtschaft, darunter Münchener-Rück-Chef Hans-Jürgen Schinzler, Walter Thießen, der Chef von AMB Generali, und die Allianz-Vorstände Reiner Hagemann und Gerhard Rupprecht.

Zwischenzeitlich sei es nach Angaben von Teilnehmern des Geheimtreffens zu einer kontroversen Debatte gekommen, in der sich die Gegner einer Branchenlösung aber deutlich in der Minderheit befunden hätten, heißt es in der FTD.

Die Mehrheit habe hingegen den immensen politischen Schaden ins Feld geführt, den die Pleite auch nur eines einzigen Versicherers anrichten könne. "Die SPD-Linken warten doch nur darauf, dass ein Versicherer kollabiert", zitiert die FTD einen Versicherungsmanager.

Teure Alternative

Die Mehrheit der Sitzungsteilnehmer habe auch zu bedenken gegeben, dass die Alternative einer Rettung ebenfalls sehr teuer sei, schreibt die FTD.

Denn kommt es nicht zur Hilfsaktion muss die Finanzaufsicht BaFin die Mannheimer schließen, die Verträge wanderten in die Auffanggesellschaft Protektor. Dabei fielen dann hohe Kapitalisierungs- und Anlaufkosten an, zu deren Übernahme sich alle Lebensversicherer verpflichtet haben.

In der anschließenden Besprechung des Hauptausschusses Lebensversicherung seien sich die Teilnehmer denn nach 90 Minuten auch ohne größere Kontroverse über die Rettung einig gewesen, schreibt die FTD.

Gefährlicher Präzedenzfall

Die Befürworter der Mannheimer-Rettung eine auch der Optimismus, dass keine weiteren deutschen Lebensversicherer in Schieflage gerieten, heißt es in der FTD weiter. Sollte das allerdigns doch passieren, hätte die Branche einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen. Bei größeren Problemfällen als der Mannheimer könnte leicht zu Milliardenproblem entstehen.

Verbandspräsident Bernd Michaels solle die Bereitschaft der Branche zur Rettung am Freitag mit BaFin-Präsident Jochen Sanio besprechen, heißt es in der FTD weiter. Bis das BaFin zustimme, könnten allerdings noch Wochen vergehen: Meist sind Aufsichtsratsbeschlüsse nötig, wenn sich die Firmen an anderen Gesellschaften - hier der Mannheimer - beteiligen wollen.

Die Mannheimer hatte sich unter Konzernchef Hans Schreiber an der Börse verspekuliert. Schreiber, der als äußerst selbstbewusst gilt, war am vergangenen Freitag zurückgetreten und hatte dabei ein Unternehmen am Rand des Zusammenbruchs hinterlassen.

Großaktionär Mangelware

Ein Großaktionär, der bei der entstandenen Schieflage frisches Geld einschießen könnte, ist bislang nicht vorhanden. Die österreichische Uniqa hält 13 Prozent, die Münchener Rück zehn Prozent, sechs weitere Versicherer jeweils unter fünf Prozent.

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