Lebensversicherer:Probleme bei Anbietern 

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In den vergangenen zehn Jahren haben acht Versicherer die Mindestzuführung zu den Rückstellungen reduziert. Diese stehen den Kunden zu.

Von Jonas Tauber, Berlin

Die Banken leiden unter der Finanzkrise und den Niedrigzinsen, die Lebensversicherer zeigen sich dagegen stabil. Damit wirbt die Versicherungsbranche gern. Doch jetzt stellt sich heraus, dass auch die Lebensversicherer enorme Probleme hatten und haben.

Acht Lebensversicherer haben in den vergangenen Jahren mit Zustimmung der Finanzaufsicht Bafin die gesetzlich vorgesehene Mindestbeteiligung ihrer Kunden am Unternehmenserfolg zumindest zeitweise ausgesetzt, um eine Schieflage zu vermeiden. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen. "Dass das vorgesehene Mindestmaß verfehlt wurde und zumindest zwischenzeitlich auf Geld, das den Versicherten zusteht, zurückgegriffen werden muss, zeigt die schwierige Lage bei einigen Versicherern", sagt der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. Er fordert, dass Lebensversicherer transparent informieren, wenn sie die sogenannte Mindestzuführung nicht einhalten.

Die Mindestzuführungsverordnung von 2008 regelt, wie Lebensversicherer Kunden an ihren Überschüssen beteiligen müssen. So müssen sie ihnen mindestens 90 Prozent ihrer Gewinne aus Kapitalanlagen gutschreiben. Der Hintergrund ist, dass sie diese Gewinne mit den Kundengeldern überhaupt erst erwirtschaften konnten. Doch eine Reihe von Gesellschaften hat in den vergangenen zehn Jahren die Vorgaben unterschritten. Die Finanzaufsicht Bafin hat zugestimmt. Es geht um mehrere Hundert Millionen Euro.

So hat allein die Debeka Lebensversicherung 2017 die Zuführung in den Topf, in dem die den Kunden zustehenden Gewinne gesammelt werden, um 144,3 Millionen Euro auf magere 0,9 Millionen Euro gekürzt. Als Grund nennt die Gesellschaft das Niedrigzinsumfeld.

Tatsächlich machen es die niedrigen Zinsen den Versicherern immer schwerer, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Sie hatten in besseren Zeiten Zinsversprechen von bis zu vier Prozent gegeben, jetzt bringen festverzinste Papiere kaum noch Rendite.

Ohne die Kürzung wäre ein Verkauf gut verzinster Kapitalanlagen nötig gewesen, um mit den Gewinnen die Mindestzuführung sicherzustellen, heißt es bei der Debeka. Das habe man vermeiden wollen. Für die Versicherten habe die Kürzung keine Folgen, der Fehlbetrag werde in der Zukunft wieder ausgeglichen, so ein Sprecher. Der Versicherer habe einen entsprechenden Zahlungsplan mit der Bafin vereinbart. "Vor diesem Hintergrund ist eine Information unserer Mitglieder über diesen komplexen Sachverhalt nicht erfolgt." Nach seinen Angaben betrifft die Kürzung ausschließlich die Kunden der 430 000 Verträge, die vor 1994 abgeschlossen wurden.

Grünen-Politiker Schick findet dagegen, dass Kunden über eine solche Kürzung informiert werden müssten, selbst wenn dies letztlich keinen direkten Nachteil für sie zur Folge haben sollte. Schließlich stehe für die Sparer viel auf dem Spiel. Sie müssten informiert werden, wenn ihr Anbieter in einer Notlage ist.

Schick moniert nicht zum ersten Mal fehlende Transparenz in der Lebensversicherung. Gerade erst hat die Regierung eine milliardenschwere Erleichterung für die Branche bei der sogenannten Zinszusatzreserve beschlossen, für die Lobbyisten seit Jahren trommeln. Für Schick lagen bis zuletzt nicht ausreichend Daten vor, um die jetzt für 2018 erfolgte Verringerung der Rückstellungen zu begründen. Aus seiner Sicht ist die Erleichterung per Verordnung ein weiteres Beispiel, dass die Politik auf Zuruf der Versicherer agiert.

Die jetzt beschlossene Erleichterung dürfte es der Debeka ermöglichen, den Fehlbetrag bei der Mindestzuführung 2017 in den kommenden Jahren wieder auszugleichen. Auch sieben andere Versicherer haben in den vergangenen Jahren nicht immer die vorgeschriebenen Mindestzuführung geleistet. Allein 2008 gab es bei vier Gesellschaften solche Kürzungen, nämlich bei der Bayerischen Beamten Lebensversicherung, der Provinzial Rheinland, der Provinzial Nordwest sowie der Hanse Merkur.

Die brancheneigene Auffanggesellschaft Protektor nahm gleich mehrere Jahre in Folge Kürzungen vor, von 2010 bis 2013. Die Landeslebenshilfe kürzte 2015 und 2016. Im vergangenen Jahr strich die Süddeutsche Lebensversicherung die Zuführung von 1,5 Millionen Euro ganz. Anders als andere Anbieter informierte sie darüber aber im Geschäftsbericht.

Ein Sprecher der Bafin sagte, dass die Lebensversicherer über eine solche Kürzung der Mindestzuführung nicht gesondert informieren müssten. Für den Ausgleich der Fehlbeträge verlange die Bafin einen Zuführungsplan. "In der Regel werden daher Minderzuführungen in den Folgejahren ausgeglichen", sagte der Sprecher.

© SZ vom 20.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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