Länderfinanzminister:Umsatzsteuer für alle

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Amazon oder Ebay sollen dafür haften, falls die bei ihnen tätigen Händler keine Umsatzsteuer abführen. Das haben die Finanzminister der Bundesländer beschlossen. Es geht um Steuerausfälle im "hohen dreistelligen Millionenbereich".

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Händler, die auf virtuellen Marktplätzen im Internet Waren und Dienstleistungen anbieten, sollen künftig Umsatzsteuer zahlen müssen. Die Finanzminister der Bundesländer einigten sich am Donnerstag in Berlin nach jahrelangen Verhandlungen, ohne weitere Verzögerung gegen den lange beklagten Mehrwertsteuerbetrug im Onlinehandel vorzugehen. Sie wollen Betreiber von Internetmarktplätzen wie Amazon oder Ebay dafür haften lassen, falls bei die bei ihnen tätigen Händler keine Umsatzsteuer abführen. Trotz der schwierigen Regierungsbildung in Berlin soll im ersten Quartal 2018 ein entsprechender Gesetzentwurf beraten werden.

Die Steuerausfälle für den deutschen Fiskus liegen nach Schätzungen aus Hessen und Baden-Württemberg "im hohen dreistelligen Millionenbereich". Hinzu kommen Wettbewerbsnachteile. Händler, die Mehrwertsteuer erheben und abführen, sind im Nachteil, weil sie höhere Preise nehmen. "Es gibt mehr als genug triftige Gründe, warum wir gegen den um sich greifenden Umsatzsteuerbetrug im Onlinehandel vorgehen müssen", sagte Hessens Finanzminister Thomas Schäfer in Berlin.

Billig anbieten ohne Umsatzsteuer zu zahlen, dieses Geschäftsmodell wird häufig von Unternehmen aus Hongkong oder China praktiziert. Sie führen Massenwaren wie Druckerpartonen, USB-Sticks oder Lichterketten in die Europäische Union ein und lagern diese bei extra angeheuerten Dienstleistern zwischen. Die Kunden bestellen die Ware, die bis zu ein Drittel günstiger ist als vermeintlich gleiche Ware bei heimischen Händlern, im Internet online. Für sie ist nicht ersichtlich, dass die Ware aus dem Ausland kommen. Weil die ausländischen Händler oft nicht steuerlich registriert sind, führen sie keine Umsatzsteuer ab, sondern streichen diese als Gewinn ein. Hinzu kommt die Verletzung von Patent- und Lizenzrechten sowie Betrug bei der Einfuhr der Waren, wenn Einfuhrumsatzsteuer und Zoll hinterzogen werden.

Das Bundesfinanzministerium hat den Länderfinanzministern Unterstützung bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs zugesichert. Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern hatte bereits nach einem Beschluss der Finanzminister im Mai Vorschläge erarbeitet, wie Steuerbetrug beim Internethandel bekämpft werden kann. Danach sollen "die Marktplatzbetreiber haften, wenn die Umsatzsteuer nicht abgeführt wird", sagte Baden-Württembergs Ministerin Edith Sitzmann. Die Haftung soll greifen, wenn Portale wie Amazon oder Ebay nicht nachweisen können, dass ihre Händler steuerlich registriert sind. Sie wären auch in der Pflicht, wenn der Fiskus dem Marktplatzbetreiber mitteilt, dass seine Händler ihre steuerliche Pflicht nicht erfüllen. Weigert sich ein Händler zu zahlen, muss der Marktplatzbetreiber die Schuld übernehmen oder den Händler vom Portal entfernen. Langfristig soll die Umsatzsteuer im Online-Handel weiter vereinfacht werden. "Wir können uns eine Art Quellensteuer bei den Marktplatzbetreibern gut vorstellen", hieß es in Hessen und Baden-Württemberg. Das Geld der Kunden ginge vom Marktplatzbetreiber netto an den Verkäufer, die Umsatzsteuer direkt an das Finanzamt.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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