Studie:Wohlstand verkürzt Lebenserwartung

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Wer viel hat, der lebt auch lang - dachten bisher viele. Forscher wollen nun aber herausgefunden haben, dass Menschen in Zeiten von Wohlstand früher sterben. Zumindest bei kurzfristigen wirtschaftlichen Veränderungen.

Die Forscher waren von ihren Ergebnissen selbst überrascht: In Industrienationen steigt die Sterblichkeitsrate bei Älteren, wenn das Wirtschaftswachstum anzieht. Die Ergebnisse ihrer Forschung seien "höchst unerwartet", sagte Herbert Rolden von der Akademie für Vitalität und Altern im niederländischen Leiden.

Die Untersuchung ist im Fachblatt "Journal of Epidemiology and Community Health" erschienen. Langfristig betrachtet geht zunehmender Wohlstand zwar mit einer Abnahme der Sterblichkeit quer durch alle Altersgruppen einher. Anders sieht es jedoch aus, wenn man kurzfristige wirtschaftliche Veränderungen betrachtet. Für ihre Studie untersuchten die Forscher Statistiken zu Sterblichkeit und Wirtschaftswachstum zwischen 1950 und 2008 in 19 Industriestaaten - den USA, Australien, Japan, Neuseeland und mehreren europäischen Ländern.

Mit jeder Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um einen Prozentpunkt nahm die Sterblichkeit bei 70 bis 74 Jahre alten Männern um 0,36 Prozent zu. Bei gleichaltrigen Frauen betrug die Zunahme 0,18 Prozent. Bei 40- bis 45-Jährigen betrug der Zuwachs bei Männern 0,38 Prozent und bei Frauen 0,16 Prozent.

Eine mögliche Ursache: weniger Zeit für die Alten

"Weil viele Industriestaaten sich derzeit in einer Rezession befinden, könnte man glauben, dass dies sich negativ auf das Überleben im hohen Alter auswirkt", heißt es in der Studie. Tatsächlich aber fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Sterberaten sinken, wenn es mehr Arbeitslose gibt beziehungsweise das Bruttoinlandsprodukt kleiner wird.

Bei jüngeren Menschen werden für höhere Sterberaten in Zeiten des Wirtschaftswachstums Stress am Arbeitsplatz und eine höhere Zahl von Verkehrstoten infolge der vielen Menschen verantwortlich gemacht, die zur Arbeit fahren. Bei älteren Menschen dürfte dieses Argument aber nicht ziehen, weil diese in der Regel im Ruhestand seien, sagte Rolden. "Wir tappen noch im Dunkeln."

Ein möglicher Grund für die höhere Sterblichkeit bei Älteren in wirtschaftlichen Boom-Zeiten könnte sein, dass junge Menschen und Freunde dann weniger Zeit haben, sich um die Älteren zu kümmern. Auch eine wachsende Luftverschmutzung, die in der Regel mit einer Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität einhergeht, könnte eine Ursache sein.

© Süddeutsche.de/AFP/ratz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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