Kuka:So will Midea die Roboterfirma Kuka kaufen

Lesezeit: 3 min

  • Der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea hat seine offizielle Offerte für das Augsburger Roboterunternehmen Kuka abgegeben.
  • Die Chinesen bieten 115 Euro je Kuka-Aktie.

Von Christoph Giesen, München

Das Angebot, über das seit Wochen hitzig diskutiert wird, ist angekommen. Der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea hat über eine Tochterfirma mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln seine offizielle Offerte für das Augsburger Roboterunternehmen Kuka abgegeben. Bis zum 15.

Juli haben die Aktionäre nun Zeit, sich zu entscheiden. Die Chinesen bieten 115 Euro je Kuka-Aktie, wie bereits im Mai angekündigt. Das sind 35 Prozent mehr als der Kurs Mitte Mai. Damit wäre das Unternehmen 4,6 Milliarden Euro wert. Laut Angebot soll Kuka eigenständig bleiben. "Das Midea-Angebot liegt vor und wird von den Vorständen geprüft", sagte eine Kuka-Sprecherin. "Eine begründete Stellungnahme wird spätestens in zwei Wochen abgegeben." Ähnlich abwartend reagierte der schwäbische Anlagenbauer Voith. Er ist mit 25,1 Prozent der größte Einzelaktionär von Kuka. "Wir haben die Veröffentlichung der Angebotsunterlage zur Kenntnis genommen. Voith wird das Angebot nun eingehend und sorgfältig prüfen", sagte ein Sprecher.

17 Roboter pro 10000 Arbeiter

Doch warum will ausgerechnet ein Haushaltsgerätehersteller, der sein Geld mit Kühlschränken und Klimaanlagen macht, mehrere Milliarden in ein Unternehmen aus einer völlig anderen Branche stecken? Im schriftlichem Übernahmeangebot steht, Midea wolle dabei helfen, das Potenzial des chinesischen Robotermarktes auszuschöpfen. Die Marktdurchdringung von Robotern in der Industrie in China sei im internationalen Vergleich ziemlich gering ( siehe Grafik ). Das treffe besonders die Autobranche. Nur 17 Roboter seien pro 10 000 Arbeiter in China im Einsatz. In Japan sei die Quote der Branche zwölf- mal höher, in Südkorea sogar um den Faktor 21. Midea stellt sich eine Mithilfe bei der Produktentwicklung vor. Außerdem solle Kuka künftig Mideas Liefer- und Vertriebskette in China nutzen können.

Auf der Messe in Shanghai sind die Produkte aus dem Hause Kuka ein großes Ding. Midea, ein Hersteller für Haushaltsgeräte aus China, möchte die Roboterfirma kaufen. (Foto: Huang Zhengwei/Imaginechina)

Komplett unerwähnt im 82-seitigen Übernahmeangebot ist hingegen die neue Industriestrategie der chinesischen Führung. Unter dem Schlagwort "Made in China 2025" propagiert die Kommunistische Partei derzeit stark die Digitalisierung der Produktion. Chinas Industrie 4.0 also. Viele chinesische Unternehmen verstehen diese Strategie vor allem als einen staatlichen Einkaufszettel. Fast jeden Tag melden sich chinesische Unternehmer bei den gängigen Beraterfirmen und fragen an, ob es nicht eine passende Firma aus Deutschland gebe, die man übernehmen könne. Denn chinesische Unternehmen, die bei der angestrebten industriellen Digitalisierung vorne liegen, dürften sich großzügige Subventionen und Staatsaufträge erhoffen. Sollte Kuka also an Midea gehen, könnte der Haushaltsgerätehersteller davon profitieren.

Nur 49 Prozent? Davon steht nichts in den Unterlagen

Doch genau das, einen Ausverkauf der sich anbahnenden deutschen Digitalisierung, möchte die Bundesregierung unbedingt vermeiden, weshalb Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in den vergangenen Woche versuchte, ein Gegenangebot zu organisieren. Gemeinsam mit seinem Staatssekretär telefonierte er die deutsche Industrie ab - bislang vergeblich. Erst sagte Siemens ab, dann die Autoindustrie. Zuletzt hieß es aus Regierungskreisen, Midea sei bereit, sich mit einem Minderheitsanteil von 49 Prozent zu begnügen. Davon ist nun in den offiziellen Angebotsunterlagen nichts zu lesen.

SZ-Grafik; Quelle: Midea (Foto: SZ-Grafik)

Offenbar aus gutem Grund. Das deutsche Aktienrecht ist eindeutig. Jede angediente Aktie muss erworben werden. Will man punktgenau 49 Prozent der Anteile kaufen, wird es kompliziert. Da Midea derzeit bereits 13,5 Prozent der Kuka-Anteile hält, dürfte der Haushaltsgerätehersteller lediglich 35,5 Prozent der Aktien annehmen. Der Rest müsste entweder von einem weiteren Investor übernommen oder aber von einer Bank als Treuhänder gekauft werden. Doch dann stellt sich sofort die nächste Frage: Wie wird mittelfristig sichergestellt, dass der Midea-Anteil tatsächlich nur bei 49 Prozent bleibt? Das würde verlangen, dass die Besitzer der übrigen 51 Prozent ganz fest versprechen, niemals Aktien an Midea zu verkaufen. Wie soll das gelingen?

Midea tritt den Sorgen der Politik offensiv entgegen. Es sei kein Beherrschungsvertrag mit Kuka geplant, heißt es im Angebot. Zudem sei Midea bereit, im Rahmen einer Investorenvereinbarung Standort- und Arbeitsplatzgarantien abzugeben. Das ist eine Kernforderung der Gewerkschaft. "Es muss jetzt darum gehen, diese Zugeständnisse festzuschreiben", sagt der Bevollmächtigte der IG Metall Augsburg und Kuka-Aufsichtsratsvizechef Michael Leppek. Das solle sicherstellen, dass die Arbeitsplätze langfristig abgesichert, die Eigenständigkeit von Kuka bewahrt und das Know-how geschützt werde. Auch müssten Sorgen um die Datensicherheit ernst genommen werden. Die heiße Phase der Übernahme hat nun endgültig begonnen.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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