Kuka:Die Balance halten

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Ein Roboter von Kuka platziert ein Ersatzrat in einem VW-Werk. (Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Vorstandschef Reuter betont, wie wichtig China für den deutschen Konzern ist. Der Umsatz steigt, der Ertrag sinkt, die Prognosen sind verhalten.

Von Elisabeth Dostert, Augsburg

Dieses Mal muss Karla ran. Wenn Kuka-Vorstandschef Till Reuter die Geschäftszahlen eines Jahres erläutert, zeigt er gerne, was das Augsburger Maschinenbau-Konzern kann. Roboter bauen kann es besonders gut, deshalb übernahm Anfang 2017 der chinesische Hausgerätehersteller Midea die deutsche Firma für rund 4,5 Milliarden Euro. Karla ist auch ein Roboter. Er ist ein mobiler Tankwart und soll in Parkhäusern beim Betanken von Elektro-Autos helfen. Das Auto fährt zur Ladesäule, der Roboter erkennt, das dort ein Auto angekommen ist, fährt hin und stellt über Kabel und Stecker die Verbindung her zwischen Auto und Ladesäulen. Ist das Auto vollgeladen, zieht Karla wieder den Stecker aus der Buchse am Auto. Karla ist ein Forschungsprojekt, das Kuka gemeinsam mit dem Volkswagen-Konzern verfolgt. Er war schon auf dem Automobilsalon in Genf und steht nun im Foyer der Kuka-Konzernzentrale in Augsburg.

"In Europa werden wir über Innovationen wachsen, in China über den Markt", sagt Konzernchef Reuter. Er hat diesen Satz in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt. Er versucht mit diesem Satz zu begründen, dass die Verbindung von Kuka und Midea für alle gut ist - für Augsburg, für die Beschäftigten für Kuka als Ganzes - und für Midea. "Hier in Europa verstehen wir die Kunden, in China versteht Midea die Kunden", sagt Reuter.

Der Einstieg des chinesischen Konzerns hatte in Deutschland für Aufregung gesorgt. Politiker wie der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und EU-Kommissar Günther Oettinger fürchteten den Ausverkauf deutscher Hochtechnologie. Kuka geriet zum Synonym für Industrie 4.0. Versuche, ein Konsortium für ein Gegenangebot zu organisieren, scheiterten. Midea bot 115 Euro je Aktie. Diesen Preis wollte und konnte niemand überbieten. Das Geschäftsjahr 2017 ist das erste von Kuka unter dem Midea-Dach. "Sie können fragen, wenn sie wollen, hier hat sich nicht viel verändert", sagt Reuter.

"Toxische Projekt" belasteten das Jahr 2017. Inzwischen sieht sich der Konzern wieder auf Kurs

In der Sparte Systems, sie baut komplette Fertigungsanlagen für ihre Kunden, gab es einige "toxische Projekte". Erstmalig seien sie im zweiten Quartal 2017 aufgetaucht und hätten sich dann über das ganze Jahr hingezogen, erklärt Finanzvorstand Peter Mohnen. Projekte verzögerten sich und brachten Verluste. Das habe zum Teil an Zulieferern gelegen. 80 Prozent der Teile für eine Anlage kauft Kuka laut Reuter zu. So seien bei einem Konstruktionsbüro in Indien auf einen Schlag 20 Mitarbeitern gegangen, darunter habe dann die Qualität der Konstruktionen gelitten, erläutert Mohnen. Ein Software-Lieferant in Frankreich sei in Konkurs gegangen. Da es sich um eine spezielle Software handelte, sei es schwer gewesen Ersatz zu finden. Schon im Herbst hatte Kuka zwei Geschäftsführer des Bereichs Systems ausgetauscht.

In Augsburg sollen 250 Stellen, das ist etwa ein Drittel der Beschäftigten im Bereich Systems, abgebaut werden. Reuter hofft, dass der Abbau sozialverträglich, also ohne Kündigungen, erfolgen kann und die Mitarbeiter in anderen Teilen des Konzern unterkommen. Es habe eine Handvoll dieser "toxischen Projekte" gegeben, sagt Mohnen. "Stand heute" seien keine neuen mehr hinzugekommen, beteuert Reuter. Die schlechten Projekte haben ausgereicht, um das Ergebnis des vergangenen Jahres zu verderben. "Wir sind nicht zufrieden", kommentiert Reuter die um einige Faktoren wie die Investitionen in Wachstum bereinigte operative Marge von 4,3 Prozent. Angepeilt hatte er 5,5 Prozent. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sank um fast 20 Prozent auf knapp 103 Millionen Euro, allein im Geschäftsbereich Systems um 80 Prozent. Das ist für einen Manager, der es fast gewohnt war, Rekordzahlen abzuliefern schwer erträglich. Reuter liebt Rekorde. Die gab es auch. Der Umsatz legte um 18 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zu, "das ist eine Super-Zahl", der Auftragseingang erhöhte sich um 5,6 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro. Um so verhaltener klingt die Prognose für 2018: mehr als 3,5 Milliarden Euro Umsatz, die bereinigte operative Marge soll auf 5,5 Prozent steigen.

Reuter hat damit begonnen, den Konzern umzubauen. Er soll in vier Divisionen geordnet werden, sortiert nach den Hauptabnehmern der Produkte und Dienstleistungen: Automotive, Industrie, Konsumgüter/Logistik und Healthcare. In diesen gehen die bisherigen Geschäftsbereiche auf. Nach Außen soll der Konzern noch stärker als "One Kuka" auftreten, eine Firma, die alles bietet vom einzelnen Roboter über komplette Anlagen einschließlich der Software.

In China, der Heimat des Eigentümers, verzahnen sich Midea und Kuka enger durch die Gründung von drei Gemeinschaftsunternehmen, an denen beide zu gleichen Teilen beteiligt sind: eines für Industrieroboter mit Ausnahme solcher für die Autoindustrie - die will Kuka weiter alleine bedienen - eines für Healthcare und eines für Logistik. Auf allen Robotern werde auch künftig der Name Kuka stehen, beteuert Reuter. In Shunde, da hat Midea seinen Sitz, soll bis zum Jahr 2024 für 400 Millionen Euro ein Roboterpark entstehen mit einer Kapazität von 75 000 Robotern und autonomen Plattformen. Aus einer solchen Plattform und einem Leichtroboter besteht auch der mobile Tankwart Karla. Insgesamt steigt die Kapazität in Chia auf 100 000 Einheiten. Die seien, so Reuter,vornehmlich für Asien bestimmt. Mit solchen Investitionen will Kuka mit Midea Marktführer in China werden. Zu Reuters Balanceakt gehört, auch in Deutschland zu bauen. In Augsburg entstehen eine Produktionshalle, ein Bildungszentrum und ein Parkhaus mit 20 Ladestationen für Elektroautos - womöglich ein Arbeitsplatz für Karla.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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