Küchenmarkt:Der Alno-Effekt

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Trotz der Pleite des Pfullendorfer Herstellers war 2017 ein gutes Jahr für die Küchenindustrie, weil sie ihre Produkte zum Statussymbol macht. Zum dritten Mal in Folge setzte die Branche mehr als elf Milliarden Euro um.

Von Valentin Dornis, Köln

Die Pleite des großen Küchenherstellers Alno war 2017 ein Schock für die Branche. Allerdings eher ein positiver Schock, wie sich nun zeigt: Andere Firmen spürten den "Alno-Effekt" vor allem dadurch, dass sich die unverändert hohe Nachfrage auf weniger Anbieter verteilte. Sie produzierten deshalb teilweise in Sonderschichten. Entsprechend selbstbewusst behauptet Volker Irle: "Die Küche ist dabei, das Auto als Statussymbol der Deutschen zu verdrängen." Der Geschäftsführer des Branchenverbandes "Arbeitsgemeinschaft Die moderne Küche" (AMK) präsentierte in Köln die Zahlen für das Geschäftsjahr 2017. Zum dritten Mal in Folge setzte die Industrie mehr als elf Milliarden Euro um, im Vergleich zum Rekordjahr 2016 ging der Umsatz leicht um 0,1 Prozent auf 11,6 Milliarden Euro zurück.

Die Küchenindustrie scheint dabei tatsächlich die Autohersteller als wichtigen Konkurrenten um die Großinvestitionen der Kunden zu sehen. Zwar kauften die Deutschen derzeit noch seltener eine neue Küche als ein neues Auto, sagt Irle, doch für die Hersteller von Küchenmöbeln, Elektrogeräten und Zubehör könnten Unsicherheiten wie "unklare Abgasnormen und Fahrverbote" steigende Auftragszahlen bedeuten.

Die Grenzen zwischen Wohnzimmer und Küche verschwinden

Der SUV des Gourmets ist die maßgeschneiderte Premiumküche. Darin kann er sich wohlfühlen, seine Freunde beeindrucken und praktischerweise auch noch etwas zu Essen zubereiten. "Die Küche wird immer mehr zum sozialen Mittelpunkt der Wohnung", sagt Irle. Eine Entwicklung, die für Ausrichter privater Hausparties nicht überraschend kommt, sammeln sich doch seit jeher um zwei Uhr morgens die Gäste ausgerechnet in der Küche zu intensiven Diskussionen, statt im extra hergerichteten Wohnzimmer. Doch die Grenzen zwischen Wohnzimmern und Küchen schwinden stetig, wie die Industrie feststellt: Im vergangenen Jahr seien Konzepte noch stärker gefragt gewesen, bei denen sich die Küche in Gestaltung und Anordnung ohne Übergang in den Wohnraum fügte.

Und zwar nicht wie im Studentenwohnheim, wo man nach dem Kochen in der Kochnische erst einmal das ganze Zimmer durchlüften muss, sondern gerne geräumig und mit modernster Dunstabzugstechnik. Etwa 6900 Euro gab der Deutsche 2017 im Durchschnitt für eine neue Küche aus, hat die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ermittelt. "Den größten Zuwachs gab es bei den hochwertigeren Küchen", sagt GfK-Marktexpertin Martina Sedlmaier. Während Küchen für weniger als 10 000 Euro etwas seltener gekauft wurden, gab es bei den Küchen für bis zu 20 000 Euro einen deutlichen Zuwachs von acht Prozent.

Die deutschen Hersteller dominierten den Heimatmarkt: Laut AMK-Zahlen wurden 96 Prozent der in Deutschland verkauften Küchenmöbel auch hier produziert. Allerdings sind in dieser Statistik nur die 143 AMK-Mitgliedsunternehmen erfasst, darunter die meisten namhaften Händler und Hersteller von Küchen und Elektrogeräten - einige große Anbieter wie das schwedische Möbelhaus Ikea dagegen zum Beispiel nicht.

© SZ vom 15.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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