Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) kassierte ihre Finanzierungspläne für das Öl- und Gasförder-Projekt Sachalin-2 vorläufig ein.
Ursprünglich wollte das Institut, das auch als Osteuropabank bezeichnet wird, das größte Flüssiggasprojekt Russlands mit einem Darlehen im Gesamtwert von 300 Millionen Dollar alimentieren.
Der Präsident der Bank, Jean Lemierre, begründete die Absage mit dem Einstieg des halbstaatlichen russischen Energieriesen Gazprom. "Wir können das Projekt nicht mehr vom früheren Standpunkt aus betrachten, nachdem sich die Aktionärsstruktur so grundlegend gewandelt hat", sagte Lemierre vor Journalisten in London. Der Franzose schloss allerdings nicht aus, dass sich neue Varianten der Zusammenarbeit ergeben könnten.
Astochskoje und Lunskoje
Das Projekt Sachalin-2 sieht die Erschließung der Lagerstätten Piltun-Astochskoje und Lunskoje vor der russischen Fernostinsel Sachalin vor.
Bis vor kurzem bestand das Betreiberkonsortium allein aus den Konzernen Royal Dutch Shell, Mitsui und Mitsubishi.
Nach massivem Druck durch die russischen Behörden gelang es jedoch dem Gasmonopolisten Gazprom, im Dezember letzten Jahres in das Projekt einzusteigen und sogar die Führungsrolle zu übernehmen.
50 Prozent plus eine Aktie
Hierzu erwarb Gazprom von Royal Dutch Shell sowie von Mitsui und Mitsubishi insgesamt einen Anteil von 50 Prozent plus eine Aktie an dem Projekt.
Ziel der Osteuropabank ist es, die Entwicklung der russischen Privatwirtschaft zu fördern. Dadurch gerät das Institut nahezu automatisch in Gegensatz zu Russland, das zuletzt wichtige Bereiche seiner Wirtschaft de facto renationalisiert hat. Auch deswegen setzt der Kreml, der zu den 60 Anteilshabern der 1991 gegründeten Osteuropabank zählt, mehr auf die Unterstützung staatlicher Infrastrukturprojekte.
Verstaatlichungspolitik
Bliebe die Osteuropabank bei ihrer Finanzierungzusage für das Sachalin-Projekt, würde sie die teilweise Nationalisierung und die zunehmende Verstaatlichungspolitik des Kreml unterstützen. "Die EBRD finanziert keine Projekte, die gerade verstaatlicht wurden", heißt es dazu aus der Bank.