Kreditwesen:Die Commerzbank muss ihr Haus neu bestellen

Lesezeit: 2 min

In einem in der Branche einmaligen Schritt hat Deutschlands drittgrößtes Kreditinstitut den Wert seiner Tochterfirmen und Beteiligungen um 2,3 Milliarden Euro gesenkt.

Dadurch wird die Bank in diesem Jahr einen Bilanzverlust von rund 2 Milliarden Euro ausweisen, zugleich wird sie aber ihre stillen Lasten los.

Vorstandschef Klaus-Peter Müller erklärte, mit der Neubewertung gewinne die Bank ihre Handlungsfähigkeit zurück und sei in der Lage zu Zukäufen. Größere Übernahmen seien aber nicht geplant.

"Neue, bessere Bank"

"Vom heutigen Tag an ist die Commerzbank eine neue, eine bessere Bank", sagte Müller. Das Institut habe aus freien Stücken gehandelt, betonte der Vorstandschef. "Es gab hierfür keinen Druck, nicht von Seiten der Bankenaufsicht, nicht von den Ratingagenturen noch vom Kapitalmarkt".

Allerdings habe die Bank mit der Neubewertung auch eine erwartete Verschärfung der Regeln zur Rechnungslegung nach IAS vorweggenommen.

Mit Blick auf Übernahmegerüchte sagte Müller, man habe sich zu der Bereinigung entschlossen, unabhängig davon, ob die Bank dadurch attraktiver für Dritte werde. Sie könne allerdings mit möglichen Partner nun aus einer Position der Stärke agieren.

Während die Wertberichtigung zu einem Konzernverlust von 2,2 Milliarden Euro Ende September führte, schrieb die Bank operativ schwarze Zahlen. Für das dritte Quartal wies sie ein Plus von 101 Millionen Euro aus. Das nunmehr dritte positive Vierteljahr in Folge bestätige den Turn-around, den Commerzbank in diesem Jahr geschafft habe.

Verwaltungskosten sinken deutlich

In den ersten neun Monaten wies die Bank ein operatives Ergebnis von 467 Millionen Euro aus, fast drei Mal so viel wie im Vorjahr. Die Bank werde aus heutiger Sicht auch im Gesamtjahr das versprochene respektable operative Ergebnis vorlegen, zeigte sich Müller zuversichtlich.

Das dritte Quartal sei geprägt gewesen von einer unverändert rückläufigen Kreditnachfrage und schwächeren Ergebnissen im Handel.

Zugleich sank der Verwaltungsaufwand um 14 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Die Zahl der Mitarbeiter verringerte sich um 3.849 auf 33.327 Beschäftigte, angepeilt sind 32.000. Die Aktionäre erhalten für dieses Jahr keine Dividende. Ab 2004 wolle die Bank aber wieder eine angemessene Verzinsung für die Aktionäre erwirtschaften, betonte Müller.

Mehr als 50 Millionen neue Aktien angeboten

Einen großen Anteil an der Neubewertung hatten den Angaben zufolge die Londoner Vermögensverwaltungsgesellschaft Jupiter und der Anteil an der Eurohypo, die aus der Fusion der Hypothekentöchter von Commerzbank Deutscher sowie Dresdner Bank entstanden war.

Ferner wurde der Buchwert all jener börsennotierten Beteilungen heruntergesetzt, der trotz der vergangenen Kurserholung noch über dem Börsenwert lag. Nach der Neubewertung könne die Commerzbank nichtstrategische Beteiligungen verkaufen, ohne damit Verluste einzufahren, erläuterte Müller.

Um die Wirkung der Neubewertung auf das Eigenkapital zu verringern, bot die Bank institutionellen Investoren am Mittwoch 53,3 Millionen neue Aktien zum Kauf an.

Damit soll die Kernkapitalquote wieder rund 7 Prozent erreichen. Müller betonte, die Commerzbank hätte die Neubewertung zwar auch zu einem anderen Zeitpunkt durchführen können, für die damit verbundene Kapitalerhöhung habe aber das Marktumfeld stimmen müssen.

An der Börse wurden die Nachrichten ungehalten aufgenommen: Der Kurs der Commerzbank-Aktie stürzte zeitweise um mehr als fünf Prozent ab. Erst im späten Geschäft konnte sich das Papier wieder erholen.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: