Kreditkarten:Wer teuer einkauft, ist verdächtig

Lesezeit: 2 min

Bei ungewöhnlich hohen Beträgen oder bei Abbuchungen im Minutentakt, womöglich noch an entfernten Orten, schlägt das Überwachungssystem Alarm. Wie Banken über die Kreditkarten-Geschäfte ihrer Kunden wachen.

Von Sebastian Jost

Die Münchner Diba-Kundin fragt sich, bei wie vielen Online-Shops sie inzwischen auf der schwarzen Liste steht.

Wer ungewöhnlich hohe Summen per Kreditkarte bezahlt, gerät ins Visier des Überwachungssystems der Banken. (Foto: Foto: dpa)

Mehrfach hatte sie versucht, mit ihrer Visa-Karte bei Internet-Shops einzukaufen, auch bei ausländischen Anbietern. Die georderten Waren wurden jedoch nie geliefert.

Erst als einer der Online-Anbieter Rücksprache hielt, wurde ihr klar warum: Die Kreditkarte sei nicht gültig, hieß es da, daher könne auch nicht geliefert werden.

Irritiert wandte sich die Frau an ihre Bank, die die Karte ausgegeben hatte. Denn bislang hatte es nie Probleme gegeben; an Bankautomaten und beim Bezahlen in Geschäften wurde die Karte stets anstandslos akzeptiert.

Für Online-Einkäufe gesperrt

Auf Anfrage präsentierte das Kreditinstitut folgende Erklärung: Visa-Karten mit der Nummern-Kombination "0092" seien grundsätzlich für Internet-Einkäufe nicht mehr zugelassen. Betrüger hätten mit den entsprechenden Karten ihr Unwesen getrieben, deshalb seien sie nun gesperrt, so die Bank.

Sperrungen von Kreditkarten für das Internet sind nach Branchenangaben durchaus üblich. Gesperrt werden in der Regel allerdings nur einzelne Karten. Ganze Nummernkreise, wie im Falle der Diba, koppeln die Kontrolleure nur bei Betrug im großen Stil ab - wenn etwa eine Fälscherwerkstatt auffliegt.

Kreditkartengesellschaften und Banken schauen ihren Kunden bei jedem Karteneinkauf über die Schulter. Kommen ihnen Umsätze verdächtig vor, schlagen sie Alarm.

"Das ist grundsätzlich sinnvoll", sagt Hartmut Strube von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn mit einer geklauten Kartennummer könnten Betrüger im Internet binnen Sekunden ein Konto plündern.

Wer haftet, der kontrolliert

Wenn sich Banken und Kreditkartengesellschaften dagegen wehren, schützen sie aber vor allem sich selbst. Denn solange der Kunde nicht nachweislich selbst für dubiose Geschäfte verantwortlich ist, muss die Firma, die die Karte ausgegeben hat, den Schaden begleichen.

Es gilt das Prinzip: Wer haftet, der kontrolliert. Bei den klassischen Kreditkarten nach US-Vorbild ist das die Kartengesellschaft, zum Beispiel American Express. Die deutschen Marktführer Visa und Mastercard haben dagegen ein anderes Modell: Hier haftet die Bank, die die Karte ausgibt.

Die meisten Banken wiederum überlassen die ganze Kartenbürokratie spezialisierten Dienstleistern. Den deutschen Markt dominieren Atos Wordline und die Gesellschaft für Zahlungssysteme (GZS).

Hohe Beträge sind verdächtig

Wer seine Kreditkarte sperren lässt, glaubt zwar, seine Hausbank anzurufen - tatsächlich landet er aber im Call-Center des Dienstleisters. "Der Kunde merkt gar nicht, ob etwas von uns kommt oder von der Bank", bestätigt eine Atos-Sprecherin.

Die Dienstleister überwachen alle Zahlungen mit Visa- und Mastercard. Die GZS hat dafür ein Sicherheitssystem mit dem Namen "Iris". "Wenn eine Karte zum Beispiel innerhalb einer Stunde in New York und Tokio eingesetzt wird, dann schellen die Alarmglocken", erklärt eine GZS-Sprecherin.

"Iris" schlägt auch an, wenn im Internet im Minutentakt Geld abgebucht wird. Höchst verdächtig sind zudem ungewöhnlich hohe Beträge. American Express empfiehlt den Kunden daher, die Gesellschaft bei größeren Ausgaben vorzuwarnen.

Diba-Kunden haben Pech

GZS und American Express versichern übereinstimmend, dass sie ihre Kartenkunden bei Problemen informieren. Bei Atos wird dies der Bank überlassen, die die Karte ausgegeben hat.

Pech für Kunden der Diba: Deutschlands größte Direktbank benachrichtigt die Besitzer gesperrter Karten nicht. Gründe kann sie dafür nicht nennen. "Das ist natürlich so kein Service", räumte eine Diba-Sprecherin ein. "Wir müssen sehen, wie wir das ändern können."

Eine solch schlampige Informationspolitik ist Verbraucherschützer Strube bisher nicht bekannt. Ein Sprecher der Comdirect-Bank zeigt dagegen Verständnis für das Vorgehen der Diba: "Wenn ein paar tausend Karten betroffen sind, wird man prüfen, ob man groß angelegt informiert".

Schließlich sei es teuer, stapelweise neue Karten auszugeben . Weiht die Bank ihre Kunden nicht ein, kann sie zumindest hoffen, dass nicht alle Betroffenen die Online-Sperre monieren.

© SZ vom 19.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: