Kreditkarte:Wer negativ auffällt, zahlt mehr

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US-Kreditkartenfirmen belasten säumige Zahler mit immer höheren Gebühren und Zinsen. So sollen schmale Margen aufgebessert werden, sagen die Verbraucherschützer.

Von Andreas Oldag

Mit einem besonderen Service bedient die US-Marine ihre Seeleute auf dem Flugzeugträger Harry S. Truman. Die 5000 Frauen und Männer an Bord können alle Einkäufe mit einer speziellen Kreditkarte erledigen. Auch beim Friseur wird die Mastercard akzeptiert.

Der Einsatz des Plastikgeldes hat außerdem noch organisatorische Vorteile: Für die rund 250000 Softdrinks, die im Monat durchschnittlich verkauft werden, sammelte sich in den Getränkeautomaten bislang regelmäßig eine halbe Tonne Münzgeld an, das mühsam gezählt und abgerechnet werden musste. Nun braucht sich niemand mehr um das Kleingeld zu kümmern.

Spitzenreiter Amerika

Die Amerikaner waren schon immer Spitzenreiter bei der Nutzung von Kreditkarten. Es gibt kaum noch etwas, das mit dem Plastikgeld nicht bezahlt werden könnte - von der Fahrkarte für die New Yorker U-Bahn über den Strafzettel für zu schnelles Fahren bis hin zur Spende bei einem der abendlichen Wohltätigkeits-Dinners.

Zugleich wird der Kampf der Kreditkartenaussteller und Banken um Marktanteile immer härter, häufig zum Nachteil der Konsumenten.

Punktesammeln als Volkssport

Einerseits profitieren die Kreditkarteninhaber zwar von Bonus-Programmen und Prämien, die das Einkaufen attraktiver machen sollen.

Das Punktesammeln, mit dem man sich etwa einen Flug oder einen Hotelaufenthalt verdienen kann, ist in den USA eine Art Volkssport.

Andererseits pressen die Kreditkartenfirmen ihre Kunden durch versteckte Gebühren und Zinsen regelrecht aus, um so ihre schmaler werdenden Margen aufzubessern, monieren Verbraucherschützer.

"Die Leute haben das Gefühl, betrogen zu werden", meint Duncan MacDonald, ehemaliger Justiziar in der Kreditkartenabteilung der Citigroup.

Selektive Strategie

Die Strategie der Kreditkartenfirmen wird dabei immer selektiver: Während zuverlässige Kunden, die ihre Abrechnungen pünktlich bezahlen, nur mit geringen oder gar keinen Gebühren und Zinsen belastet werden, müssen die säumigen Zahler tiefer in die Tasche greifen.

Rund 60 Prozent der amerikanischen Kreditkarteninhaber haben auf ihrem Konto ein Minus, das sich zum Teil über Monate oder sogar Jahre hinweg angesammelt hat.

In diesen Fällen kassieren die Kreditkartenfirmen saftige Zinsen in Höhe von bis zu 22 Prozent. Außerdem werden für verspätete Einzahlungen zum Ausgleich des Kontos Strafgebühren von bis zu 30 bis 40 Dollar erhoben.

Kreditkartenfirmen und Banken verteidigen eine solche Vorgehensweise als Teil ihres Geschäftsmodells. Die Zeiten, in denen man alle Kunden gewissermaßen über einen Kamm scherte, seien vorbei, heißt es.

Man schaue sehr genau hin, wie ein Karteninhaber sein Konto führe, erklärt ein Bankmanager. Wer negativ auffalle, stelle schließlich ein höheres Risiko dar.

Nach Branchenangaben hat sich die Gesamtverschuldung der Kreditkarteninhaber in den USA in zehn Jahren auf 838 Milliarden Dollar nahezu verdoppelt.

Verbraucherschützer klagen

Nach Meinung von Kritikern werden Kunden so in die Verschuldung getrieben, um dann von den Banken abkassiert zu werden. Bislang hatten Klagen von Verbraucherschützern gegen die Institute wegen hoher Gebühren jedoch nur wenig Erfolg.

Mit ganz anderen Argumenten tritt der christliche Fundamentalist Pat Robertson, Gründer eines religiösen Fernsehsenders, gegen die Kreditkartenfirmen an.

Die Zunahme des Plastikgeldes sei ein böses Omen für die Menschheit, meinte Robertson. Das Wall Street Journal merkte süffisant an, dass aber auch Robertsons Organisation Spenden seiner Anhänger per Kreditkarte akzeptiere.

© SZ vom 28.09.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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