Kreditgeschäft:Alles auf Fintech

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Der Kauf des Marktplatzes Lendico durch das Kreditinstitut ING-Diba könnte eine kleine Revolution bedeuten - der niederländische Mutterkonzern ING Groep hat es einst mit dem Baugeldvermittler Interhyp vorgemacht.

Von Heinz-Roger Dohms

Als Nick Jue, der Vorstandschef der ING Diba, kürzlich einen Ausblick auf die kommenden Monate gab - da sprach er von einem "Online-Kredit für kleine und mittlere Unternehmen", mit dem seine Bank in diesem Jahr an den Start gehen wolle. Was genau er damit meinte, blieb diffus. Bis gestern. Da bestätigte die ING Diba, dass sie das Berliner Finanz-Startup Lendico gekauft hat. Dabei handelt es sich um einen Spezialisten für sogenanntes Marketplace Lending. Dahinter steht ein Geschäftsmodell, nach dem Kredite nicht mehr von Banken vergeben werden, sondern über Marktplätze. Die Idee stammt aus den USA, wo Anbieter wie Lending Club bereits Darlehen in zweistelliger Milliardenhöhe vermittelt haben. Der größte Spieler hierzulande ist das Fintech Auxmoney, das 2017 auf ein Volumen von schätzungsweise 300 Millionen Euro kam. In den Anfangsjahren basierte das Geschäft auf Privatanlegern, die ihr Geld über die Marktplätze anderen Privatleuten zur Verfügung stellten. Inzwischen allerdings haben große Investoren die Plattformen gekapert.

Im Grunde funktioniert Lendico genauso wie die anderen Marktplätze zum Thema Kredit. Einen Unterschied aber gibt es: Anbieter wie Lending Club oder Auxmoney setzen auf Verbraucherkredite, weil sich diese Darlehen stark ähneln. Meistens geht es um ein paar tausend Euro für einen Gebrauchtwagen oder einen Fernseher. Der Kreditnehmer stottert das Geld später aus seinem laufenden Einkommen ab. Für Banken ist dieses Geschäft sehr gut kalkulierbar - und damit auch online möglich.

Lendico hingegen spezialisierte sich von Anfang an auf Darlehen für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU). Dieses Geschäft verspricht höhere Margen, ist allerdings auch komplexer, denn kein KMU-Kredit gleicht dem anderen. Ein Startup-Unternehmer zum Beispiel hat ein anderes Risikoprofil als eine Arztpraxis oder ein alteingesessener Handwerksbetrieb. Lassen sich auch diese Kredite ohne persönlichen Kundenkontakt kalkulieren und massenweise übers Internet vertreiben?

Lendico ist diesen Beweis bislang schuldig geblieben. Denn mehr als ein paar Millionen Euro monatlich werden über die Plattform nicht vergeben. Die ING Diba glaubt, das ändern zu können - und sie hofft, das Geschäft mit KMU-Krediten ähnlich revolutionieren zu können, wie das dem niederländischen Mutterkonzern ING Groep einst mit dem deutschen Baugeldvermittler Interhyp gelungen war. Das Ganze ist freilich eine große Wette, alles auf Fintech, sozusagen.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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