Korruptionsverdacht:Großrazzia bei MAN

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Verdacht auf verdeckte Provisionen: Die Staatsanwaltschaft geht beim Nutzfahrzeug- und Maschinenbaukonzern MAN fragwürdigen Zahlungen in Millionenhöhe im In- und Ausland nach.

M. Kuntz, K. Ott u. S. Wimmer

Der Lastwagenkonzern MAN steht unter Korruptionsverdacht. Die Staatsanwaltschaft untersucht Zahlungen in in Höhe von insgesamt 16 Millionen Euro im In- und Ausland. Bei einer Großrazzia am Dienstag wurden zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt.

Mit großem Aufgebot ist die Münchner Staatsanwaltschaft am Dienstag in der Konzernzentrale von MAN in München angerückt (Foto: Foto: ddp)

Mit großem Aufgebot rückten Münchner Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei am Dienstag in der Konzernzentrale von MAN im Stadtviertel Schwabing an. Mehrere Dutzend Beamte durchsuchten das Unternehmen auf der Suche nach Belegen für Schmiergeldgeschäfte internationalen Ausmaßes. Ermittler brachten zahlreiche Aktenordner und Laptops zu den Polizeiautos, die auf einem Seitenstreifen der Ungererstraße geparkt waren. Dort hatten die Behörden am Dienstag eigens ein Halteverbot eingerichtet, um Platz für ihre Dienstwagen zu haben. Das Halteverbot gelte von 6 bis 23 Uhr, der Seitenstreifen sei für "Einsatzfahrzeuge" reserviert, war auf den am Morgen aufgestellten Schildern zu lesen.

Zeitgleich mit der Razzia in München wurden auch 39 Niederlassungen in ganz Deutschland sowie die Wohnungen von drei Beschuldigten durchsucht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung geht es vor allem um Auslandsgeschäfte des Großkonzerns, der Lastwagen und Busse in alle Welt verkauft.

Dort sollen 15 Millionen Euro gezahlt worden sein, bei denen die Ermittler nun wissen wollen, wofür und an wen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, sie gehe Hinweisen nach, wonach Provisionen auch an Angestellte und Beauftragte ausländischer Unternehmen und an dortige Amtsträger geflossen seien.

Im Bundesgebiet prüfen die Strafverfolger nach Angaben von MAN Zahlungen in Höhe von einer Million Euro. Das Unternehmen teilte mit, es gehe um den Verdacht "verdeckter Provisionszahlungen" zwischen 2002 und 2005. Die Staatsanwaltschaft erklärte, bei MAN habe möglicherweise ein illegales "System zur Förderung des Absatzes von Lkw und Bussen existiert".

Die Verkäufer in den MAN-Niederlassungen sollen dadurch in der Lage gewesen sein, die Mitarbeiter von Kunden zu schmieren, die dort für die Bestellung der Fahrzeuge verantwortlich gewesen seien. Mit solchen "Bestechungszahlungen" hätten die MAN-Niederlassungen erreicht, dass diese Geschäftspartner keine Verträge mit Konkurrenten des Münchner Konzerns abgeschlossen, sondern sich für Kauf- und Leasingverträge mit MAN entschieden hätten, teile die Staatsanwaltschaft außerdem mit.

Wie die SZ erfuhr, soll es bei den verdeckten Provisionszahlungen im Inland oftmals um kleinere Beträge von einigen hundert Euro gehen. Diese Beträge seien auf die Konten von Verwandten oder Freunden der Einkäufer bei den jeweiligen MAN-Kunden geflossen. Da diese Praxis mehrere Jahre lang üblich gewesen sei, dürften insgesamt einige tausend Vorgänge zusammenkommen, in denen die Staatsanwaltschaft nun ermittelt.

Die Zahlungen waren bei einer Betriebsprüfung durch die Finanzbehörden entdeckt worden. Dem Fiskus waren Zahlungen an Mitarbeiter von Kunden der MAN Nutzfahrzeuge AG aufgefallen. Die Beträge seien regulär verbucht worden, heißt es.

Den betreffenden Mitarbeitern soll angeblich nicht bewusst gewesen sein, dass derartige zusätzliche Vergütungen nicht zulässig seien. MAN hat allerdings in einem Verhaltenskodex festgelegt, dass keine gesetzwidrigen Zahlungen geleistet werden dürfen, um an Aufträge zu kommen.

Die Strafverfolger arbeiten sich derzeit offenbar durch die unteren und mittleren Etagen des MAN-Managements. Die Nutzfahrzeugsparte wurde in der fraglichen Zeit vom heutigen Vorstandschef Hakan Samuelsson geleitet.

Oberstaatsanwalt Anton Winkler betonte aber, die Führungsebene des Unternehmens sei von den Vorwürfen nicht betroffen. Für Korruptionsverfahren ist bei der Münchner Staatsanwaltschaft die Abteilung XII zuständig, die in den vergangenen Jahren mehrere spektakuläre Fälle bearbeitet hat.

Die Schmiergeldaffäre Siemens erregte internationales Aufsehen. Bei Siemens untersuchte die Abteilung XII weltweite Zahlungsströme und stieß dabei auf ein System schwarzer Kassen, durch das horrende Beträge geflossen waren, um am Ende Geschäftspartner, Behörden und Regierungen in nahezu allen Erdteilen bestechen zu können. Jeder Vergleich von MAN mit Siemens wäre aber voreilig. Offenbar geht es bei MAN um andere Zahlungsmuster.

Die MAN Gruppe ist eines der führenden europäischen Industrieunternehmen für Lastwagen, Busse, Dieselmotoren, Turbomaschinen und Spezialgetriebe. Der im Aktienindex Dax notierte Konzern mit weltweit 51300 Mitarbeitern setzte im vergangenen Jahr 15 Milliarden Euro um, fast drei Viertel entfielen auf das Geschäft mit Nutzfahrzeugen. Größter Einzelaktionär ist VW.

© SZ vom 06.05.09/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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