Korruptionsaffäre:Schaden für Siemens größer als vermutet

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Die Korruptionsaffäre bei Siemens nimmt immer drastischere Formen an: Inzwischen sollen sich die zweifelhaften Zahlungen auf 420 Millionen Euro summieren. Die Leitung der Antikorruptions-Abteilung übernimmt künftig der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Daniel Noa.

Die Korruptionsaffäre bei Siemens nimmt immer drastischere Formen an. Der Konzern geht inzwischen von zweifelhaften Zahlungen in Höhe von 420 Millionen Euro aus.

Siemens: Der Hochtechnologiekonzern kämpft mit Korruption. (Foto: Foto: dpa)

Als Folge der Affäre musste der Konzern seine Ergebniszahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr nach unten korrigieren. Weitere Belastungen zum Beispiel durch Strafen oder Schadenersatzforderungen könnten auf den Konzern zukommen.

Vorstandschef Klaus Kleinfeld kündigte am Dienstag eine lückenlose Aufklärung an. "Es geht um den Ruf des Hauses. Wir werden keine Kompromisse machen."

Von Pierer sieht keinen Grund für Rückzug

Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, in dessen Zeit als Vorstandsvorsitzender der Aufbau des illegalen Finanzsystems fällt, sieht keinen Grund für einen Rückzug aus dem Kontrollgremium.

Siemens räumte ein Versagen der Kontrollsysteme ein. "Das interne Kontrollsystem hatte materielle Schwächen", sagte Finanzvorstand Joe Kaeser.

Dies zeige sich schon daran, dass auch zwei frühere Bereichsvorstände unter den Verdächtigen seien. Kleinfeld und Pierer betonten aber, dass der Konzern bereits Anfang der 90-er-Jahre so genannte Compliance-Systeme entwickelt habe.

Lücken sollen geschlossen werden

Die Mitarbeiter seien verpflichtet worden, sich an die Gesetze zu halten. "Es gibt keinen Mitarbeiter, dem das nicht klar gewesen ist", sagte Kleinfeld. Mit externer Hilfe sollten nun aber Lücken geschlossen werden.

Der Aufsichtsrat hatte am Vortag ein Maßnahmenpaket beschlossen. Eine internationale Anwaltskanzlei und der Mitbegründer von Transparency International, Michael J. Hershman, sollen helfen, die Kontrollsysteme zu verbessern.

Zudem wird der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Daniel Noa die Leitung der Antikorruptions-Abteilung bei Siemens übernehmen.

Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Dutzend Verdächtige etwa 200 Millionen Euro von Siemens veruntreut und im Ausland als Schmiergeld eingesetzt hat. Die Überprüfungen bei Siemens ergaben nun derartige zweifelhafte Zahlungen von 420 Millionen Euro in den vergangenen sieben Jahren.

Weiterer Geldfluss muss untersucht werden

Das Geld müsse nicht komplett in schwarze Kassen geflossen sein, sagte Finanzvorstand Kaeser. Es handle sich aber um verdächtige Zahlungen für Beraterverträge, bei denen der weitere Geldfluss untersucht werden müsse.

Als Folge hat Siemens für die vergangenen sieben Jahre zusätzliche Steuerbelastungen von 168 Millionen Euro veranschlagt. Der Gewinn des Geschäftsjahres 2005/06 (30. September) wurde von 3,106 auf 3,033 Milliarden Euro nach unten korrigiert.

Aufsichtsrats-Chef Pierer sagte, er sehe keinen Anlass für persönliche Konsequenzen. In seiner Amtszeit seien die Anti-Korruptions-Systeme aufgebaut worden. "Es ärgert mich zutiefst, was da passiert ist."

Beitrag zur Abhilfe

Risiken könnten allerdings immer eintreten. Er wolle nun im Kontrollgremium dazu beitragen, dass Abhilfe geschaffen werde.

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