Korruptionsaffäre bei Infineon:Anklage gegen Schumacher

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Die Staatsanwaltschaft erhebt nach SZ-Informationen Anklage gegen den früheren Infineon-Vorstandschef Ulrich Schumacher. Der Vorwurf: Er soll Schmiergeld kassiert haben.

Hans Leyendecker u. Klaus Ott

In München bahnt sich damit einer der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse in diesem Jahr in Deutschland an. Schumacher, der bis 2004 Vorstandschef der im Dax notierten Infineon AG war, soll wegen Bestechlichkeit und versuchtem Prozessbetrug vor Gericht kommen. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft am Freitag.

Bargeld von einem Schweizer Geschäftskollegen? Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Infineon-Vorstand Ulrich Schumacher Bestechlichkeit vor. (Foto: Foto: AP)

Geld in Briefumschlägen

Die Justiz wirft dem 50-jährigen Manager vor, als Konzernchef bei Infineon von dem Schweizer Geschäftsmann Udo Schneider Bargeld in Briefumschlägen angenommen zu haben. Auf diese Weise habe Schneider sichergehen wollen, dass er den Chip-Konzern als Kunden behält. Der Geschäftsmann betreute jahrelang das Motorsport-Sponsoring von Infineon. Dieses ließ der Konzern sich etliche Millionen Euro kosten.

Schumacher dementiert, Schmiergeld genommen zu haben. "Er bleibt bei seiner Aussage, er hat nie auch nur einen Cent genommen", sagte ein Sprecher Schumachers. Der Manager, inzwischen Chef des chinesischen Chipherstellers Grace Semiconductor, wird von einem früheren Aufsichtsratsmitglied bei Infineon in Schutz genommen. "Ich sehe den kommenden Prozess für Schumacher als Chance, seine Unschuld zu beweisen", sagt Professor Ingolf Ruge vom Lehrstuhl für Mikroelektronik an der Technischen Universität München.

Ruge gehörte von 1999 bis 2005 dem Aufsichtsrat des Chipkonzerns an. Von Schumachers Unschuld ist auch Winfried Hassemer überzeugt, bis Mai 2008 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlruhe. Nach seiner Ausscheiden beim Verfassungsgericht ließ sich Hassemer in Frankfurt als Anwalt nieder und verstärkt nun die Verteidigerriege des ehemaligen Infineon-Chefs. Es ist Hassemers erster ganz großer Fall als Anwalt.

Werbung weltweit

Zu Schumachers Zeit als Konzernchef hatte Infineon in den Motorsport investiert, um bei Autorennen weltweit für sich zu werben. Um das teure Sponsoring kümmerte sich der Unternehmer Schneider mit seiner Schweizer Firma BF Consulting. Später stellte sich heraus, dass Schneider Schmiergeld gezahlt hatte, um mit dem Konzern im Geschäft zu bleiben. Außerdem soll die BF Consulting für ihre Dienst überhöhte Preise bei Infineon angerechnet und das Chip-Unternehmen so geschädigt haben. Schneider kam 2005 in Untersuchungshaft und wurde im September 2006 vom Landgericht München I wegen Bestechung zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.

Kurz darauf erhielt ein ehemaliger Infineon-Vorstand, der Geld von Schneider genommen hatte, einen Strafbefehl über 100.000 Euro, verbunden mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Schneider selbst ist inzwischen wieder frei und versucht, sich eine neue Existenz aufzubauen. Er ist der Hauptzeuge der Staatsanwaltschaft in der Anklage gegen Schumacher. Bereits in seinem eigenen Prozess hatte Schneider den früheren Infineon-Chef schwer belastet. Der gelernte Schreiner und spätere Rennsportmanager erzählte vor Gericht, er habe Schumacher und einem weiteren damaligen Vorstand die Teilnahme an einer privaten Rennserie finanziert, die unter Kennern "Mäuseliga" genannt werde.

Infineon hatte gegenüber Schneider vor Jahren Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe für überhöhte Abrechnungen geltend gemacht, sich dann aber nach eigenen Angaben im September 2007 mit dem ehemaligen Geschäftspartner verglichen. Es habe sich herausgestellt, dass Schneider und dessen BF Consulting "vermögenslos waren", teilte Infineon am Freitag auf Anfrage mit. Es sei daher wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll gewesen, weiter Ansprüche gegen Schneider geltend zu machen.

Sollte sich aber herausstellen, dass der frühere Geschäftspartner und dessen Firma "doch nicht vermögenslos" seien, werde man wieder gegen Schneider vorgehen, erklärte der Chip-Konzern. Laut Infineon ist in der Vereinbarung mit dem Schweizer Geschäftsmann auch geregelt, dass Schneider Infineon weiterhin bei der "Aufklärung des Sachverhalts" unterstützen werde. Dazu sei Schneider, so Infineon, gegenüber den Behörden ohnehin verpflichtet.

© SZ vom 10./11.01.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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