Konzern-Manager Normand: :"Mit E-Autos lässt sich Geld verdienen"

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Das E-Auto Zoé wird stark nachgefragt. Es gibt sogar Lieferprobleme. (Foto: Future/Getty Images)

Renault ist Marktführer bei Elektromobilität - und stichelt gegen die Konkurrenz.

Von Max Hägler und Leo Klimm, München/Paris

Es ist eine der großen Sorgen der Automanager: Durch all diese E-Autos, die da kommen sollen, werden die Gewinne der Konzerne sinken. Vor allem die hohen Batteriekosten ließen sich nicht an die Kunden durchreichen. Bestes Beispiel: Der Ampera E von Opel. Technisch sehr spannend. Aber auch ein Draufzahlgeschäft für den Hersteller, und das ist ein Grund dafür, dass er praktisch nicht zu kaufen ist. So wie auch Tesla weiter in den roten Zahlen steckt und vor allem von den Zukunftsträumen der Aktionäre lebt.

Aber es geht auch anders, bei Renault. "Wir sehen heute, dass wir mit dem Verkauf elektrischer Fahrzeuge Geld verdienen können", sagt E-Auto-Vorstand Gilles Normand im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Renault und der japanische Schwesterkonzern Nissan, Marktführer bei Elektroautos, haben schon eine halbe Million Wagen verkauft, zum Beispiel den Leaf oder Zoe. Und jetzt geben sie auch eine Zielrichtung vor: sieben Prozent Marge, genauso so viel wie bei den herkömmlichen Autos. "Hier sind wir erneut Vorreiter, da wir eine Gewinnspanne für unser Elektro-Business angeben", sagt Normand und stichelt gegen die Konkurrenz: "Dies unterscheidet uns auch von unseren Marktbegleitern: Wir verlieren kein Geld mehr."

Für ihn ist derzeit viel zu tun. In dieser Woche wird Normand auf der E-Mobilitäts-Fachmesse EVS 30 in Stuttgart mit Kollegen und Zulieferern über den Weg in die veränderte Mobilitätswelt diskutieren und ein System vorstellen, das E-Autos mit den Energieversorgern vernetzt, ein sogenanntes Smart-Grid.

In der vergangenen Woche hat er mit Renault-Vorstandschef Carlos Ghosn in Paris die Strategie des Konzerns vorgestellt. In fünf Jahren soll die Hälfte aller Modelle elektrifiziert sein, also zumindest einen elektrischen Hilfsmotor neben den Verbrenner geschraubt bekommen. Das ist ähnlich wie bei der Konkurrenz und doch neu für die Franzosen: Weder Renault noch Nissan hatten bisher in Hybrid-Technologie investiert. Sie profitieren nun von einer jüngst neu hinzugekommenen Konzernschwester: Mitsubishi.

Ein Fünftel der Renault-Modelle soll gar nur mit Batterien fahren. Dabei soll auch die vierte Partnerschaft weiterhelfen, die mit Daimler. Die beiden kooperieren bereits bei Kleinwagen; der E-Smart nutzt etwa den E-Motor vom Renault Zoe.

Klingt mächtig - und dennoch: An einen E-Boom glauben sie nicht, trotz der neuen Modelle. Nur fünf Prozent Marktanteil erwarten die Franzosen im Jahr 2022 für reine E-Autos, wobei Ghosn zugesteht, "etwas konservativ" zu rechnen. Ausgerechnet die Pioniere geben sich also zurückhaltend.

Die Vorsicht hat einen Grund: Schon vor zehn Jahren entschied sich das Bündnis aus Renault und Nissan zu Milliardeninvestitionen ins E-Auto, einschließlich eigener Batteriefabriken. Die Zielmarke von 1,6 Millionen verkauften Fahrzeugen, die 2016 erreicht werden sollte, wurde jedoch weit verfehlt, weil nicht so viele Kunden E-Autos wollten. Erst in letzter Zeit spürt Renault als Nebeneffekt des Dieselskandals eine stark anziehende Nachfrage nach seinem kleinen E-Auto Zoé - und hat nun prompt Lieferprobleme.

Das Geschäft ist schwer zu prognostizieren, auch weil die Infrastruktur zum Laden weiterhin ungeklärt ist. Renault beteilige sich hier und da an dem Aufbau von Ladesäulen, sagt Normand, und sei auch "in Gesprächen mit den Partnern von der deutschen Initiative, die ein Netz von Schnellladesäulen in Europa aufbauen möchten". Er bemerkte jedoch ein Stocken des Projekts, an dem BMW, Daimler, der Volkswagen-Konzern und Ford beteiligt sind: "Da gibt es immer noch einiges an Koordinationsarbeit zu erledigen, und es wird auch nicht ohne politische Rahmensetzung klappen." Wobei sie bei Renault sowieso nichts davon halten, dass die Autoindustrie den Hauptteil für die neuen Tankstellen zahlt. Zumal der Betrieb von Schnellladern heute nicht wirtschaftlich sei: "Das ist Fakt."

Beim Thema Schmutz-Diesel sind die Manager deutlich weniger gesprächig

Die Diskussion um alternative Antriebe läuft bei Renault also. Deutlich weniger gesprächig sind sie, vor allem Chef Ghosn, beim Thema Schmutz-Diesel. Dabei ist Renault nicht nur Vorreiter bei E-Autos, sondern nach Meinung französischer Ermittler zugleich einer der größten Diesel-Sünder. Gegen den Konzern wird ermittelt, weil er, wie Volkswagen, die Kunden beim Schadstoffausstoß getäuscht haben soll. "Ich weiß nicht einmal, was in den Ermittlungsberichten steht", sagt Ghosn dazu. Also tue er erst einmal nichts. Einige Renault-Diesel hätten zwar Verbesserungsbedarf gehabt, räumt Ghosn ein. Vorsätzliche Täuschung bestreitet Renault aber.

Am Automarkt ist die Schuldfrage indes zweitrangig: Dort schlägt die Umwälzung, die der Dieselskandal längst ausgelöst hat, auch auf Renault massiv durch. In den kommenden Jahren wird der Konzern eigenen Angaben zufolge nur noch halb so viele Diesel verkaufen wie heute. Andere Antriebe sollen diesen Rückgang mehr als ausgleichen. Denn Renault will einschließlich der Untermarken wie Dacia und Lada 2022 fünf Millionen Autos verkaufen, 44 Prozent mehr als 2016. Vor allem außerhalb des Heimatmarkts Europa soll der Hersteller wachsen. In China natürlich, wo Renault ein Billig-E-Auto plant, und in Russland, das sogar zum wichtigsten Absatzmarkt werden könnte. Der Umsatz soll von 51 auf 70 Milliarden Euro jährlich steigen. Mit einberechnet: Die Elektroautos sollen dann "profitables Kerngeschäft" sein.

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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