Konjunktur:Weltwirtschaft boomt wie seit 25 Jahren nicht mehr

Lesezeit: 2 min

Trotz rasant steigender Ölpreise korrigiert der Internationale Währungsfonds seine Prognose für das globale Wachstum deutlich nach oben. Die Deutschen haben dennoch keinen Grund, euphorisch zu sein: Die Inlandsnachfrage bleibt weiterhin sehr schwach.

Die Weltwirtschaft wird in diesem Jahr trotz des hohen Ölpreises so stark wachsen wie seit 25 Jahren nicht mehr. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet in seinem noch unveröffentlichten "Wirtschaftsausblick" mit einem Plus von 4,9 Prozent. Dies erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus IWF-Kreisen.

Bereits im Frühjahr hatte der IWF seine Prognose für das globale Wachstum von 4,0 auf 4,6 Prozent angehoben. 2005 rechnet der Fonds nach wie vor mit einem Zuwachs von 4,4 Prozent. Der hohe Ölpreis berge aber Risiken.

In vielen Teilen der Welt werde die Wirtschaft 2004 stärker wachsen als im Frühjahr vorausgesagt, heißt es in der vorläufigen Fassung des Berichts. Die USA, China und Japan wachsen demnach 2004 kräftig. Auch Deutschland profitiert über seine Exporte vom globalen Aufschwung, hinkt aber aufgrund der schwachen Binnennachfrage dennoch weiter hinterher.

Der IWF veröffentlicht seinen "Wirtschaftausblick" (World Economic Outlook) zweimal im Jahr, jeweils zu den Halbjahrestagungen von Fonds und Weltbank; er zählt zu den wichtigsten Konjunkturprognosen weltweit. Der neue Bericht soll Ende September in Washington vorgestellt werden.

Sattes Wachstum

Vor allem für Japan, China und die USA sagt der IWF einen kräftigen Konjunkturschub voraus. Demnach werden die Vereinigten Staaten in diesem Jahr mit 4,4 Prozent und im nächsten Jahr mit 3,8 Prozent wachsen. Der japanischen Wirtschaft prophezeit der IWF nach mehr als zehn Jahren der Stagnation im laufenden Jahr ein sattes Wachstum von 4,5 Prozent und im kommenden Jahr von immerhin noch 2,4 Prozent. China soll dieses Jahr gar mit 9,0 Prozent und 2005 dann mit 7,5 Prozent wachsen.

Leicht nach oben korrigiert haben die IWF-Ökonomen das diesjährige Wachstum für die Eurozone — und zwar von 1,7 Prozent auf 2,0 Prozent. Im nächsten Jahr bleibt es in Euroland bei dem bereits im Frühjahr vorausgesagten Wert von 2,3 Prozent. Die Europäische Zentralbank solle, rät der Fonds, die Zinsen so lange niedrig halten, bis die Inlandsnachfrage stark genug sei für einen selbsttragenden Aufschwung.

Kein Grund zur Euphorie

Auch für Deutschland ist der IWF im laufenden Jahr etwas optimistischer als noch im Frühjahr: Er rechnet mit einem Plus von 1,8 Prozent; das sind 0,2 Prozentpunkte mehr. Für 2005 bleibt es bei 1,9 Prozent. Die Agenda 2010 weise in die richtige Richtung, urteilen die Fondsökonomen. Es seien aber zusätzliche Anstrengungen nötig, um das Haushaltsdefizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen im nächsten Jahr unter die im europäischen Stabilitätspakt vorgesehene Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken.

Trotz des hohen globalen Wachstums warnt der IWF vor übertriebener Euphorie. Die Risiken für die Zukunft seien inzwischen größer als die Chancen. Die Ökonomen aus Washington verweisen vor allem auf den Ölpreis, dessen Höhe wiederum von der Spekulation der Märkte, den geopolitischen Risiken sowie den beschränkten Förderkapazitäten bestimmt werde. Problematisch seien zudem die hohe Staatsverschuldung sowie die Leistungsbilanz-Ungleichgewichte vieler Länder; in diesem Zusammenhang hatte der IWF schon in der Vergangenheit die amerikanische Wirtschaftspolitik kritisiert.

Der Fonds mahnt zudem eine Reform des EU-Stabilitätspakts an. Es müssten stärkere Anreize geschaffen werden, damit die EU-Staaten in Wachstumsphasen ihre Haushalte sanieren.

© SZ vom 20.8.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: