Konjunktur:Und plötzlich brummt es

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Entgegen allen Prognosen ist die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal 2005 so stark gewachsen wie seit vier Jahren nicht mehr. Vor allem der Export lieferte einen kräftigen Schub.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland ist im ersten Quartal doppelt so stark gewachsen wie von Volkswirten erwartet.

Die Wirtschaftsleistung sei bereinigt um 1,0 Prozent zum Vorquartal gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden in einer Schnellschätzung mit. Details zur Wirtschaftsentwicklung werden am 24. Mai veröffentlicht.

Seit dem ersten Quartal 2001 ist die deutsche Wirtschaft nicht mehr so stark gewachsen. Volkswirte hatten im Schnitt lediglich ein Wachstum von 0,5 Prozent erwartet. Im vierten Quartal 2004 war die Wirtschaft noch um 0,1 Prozent geschrumpft.

Volkswirte warnten jedoch einhellig vor einer Fortschreibung des hohen Wachstumstempos. Das unerwartet starke Wirtschaftswachstum im ersten Quartal in Deutschland ist nach Einschätzung von Barclays Capital ein Ausreißer.

"Eine Trendumkehr der Stagnation in Deutschland ist weiter nicht auszumachen", sagte Deutschland-Chefvolkswirt Thorsten Polleit.

Binnennachfrage weiter schwach

Die wirtschaftliche Belebung wurde laut statistischem Bundesamt ausschließlich vom Export getragen. Während die Ausfuhren deutlich geklettert seien, gingen die Importe zurück.

Haupttriebkraft des Wachstums bleibe der Export, während die heimische Nachfrage keine Anzeichen eines Trendwechsels erkennen lasse, sagte Barclays-Experte Polleit. In den kommenden Quartalen dürfte sich das Wachstumstempo wieder deutlich abschwächen.

Die DekaBank wird hingegen ihre Wachstumsprognose für das Gesamtjahr anheben. "Der gute Start darf nicht einfach auf die kommenden Quartale fortgeschrieben werden", dämpfte aber auch Volkswirt Andreas Scheuerle zu hohe Erwartungen.

Rein rechnerisch ergebe sich nach dem starken Jahresstart nun aber eine Wachstumsrate von 0,8 bis 1,0 Prozent. Bisher war das Bankhaus lediglich von 0,6 Prozent ausgegangen.

Stimmung schlechter als Lage

Nach Einschätzung der Commerzbank überzeichneten die Daten die tatsächliche Dynamik deutlich. Die tatsächliche Lage sei gleichwohl immer noch deutlich besser als die Stimmung. Allerdings sei die Erholung nach wie vor nicht selbsttragend.

Die deutsche Wirtschaft bleibe stark von der Entwicklung der Weltkonjunktur abhängig.

"Die Wachstumsaussichten sind immer noch sehr labil", sagte ein Analyst. "Mir wäre es lieber gewesen, wenn nicht der Export, sondern der Konsum für das Wachstum verantwortlich gewesen wäre." Das Bundeswirtschaftsministerium sieht hingegen erste Anzeichen für eine Belebung der Binnennachfrage.

Nach der Veröffentlichung der Daten geriet der Euro-Bund-Future stark unter Druck und sank bis 9.50 Uhr um 0,16 Prozent auf 121,32 Punkte.

"Das deutlich stärker als erwartet ausgefallene Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal hat die Festverzinslichen belastet", sagte Lothar Hessler vom Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt.

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