Konjunktur:Die Angst konsumiert mit

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Deutschland steckt offiziell in der Rezession, wenngleich die Verbraucher davon noch wenig spüren. Das Konsumklima ist überraschend positiv, sagt die GfK. Doch das Institut sagt auch: Die Angst vor dem Abschwung ist groß.

Deutschland konsumiert - das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass die deutschen Verbraucher Angst haben vor den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Und dass sie deshalb so pessimistisch sind wie lange nicht mehr. Dieses Fazit zog die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus ihrer jüngsten Untersuchung. Der entsprechende Indikator, der die Konjunkturerwartungen erfasst, sank nach GfK-Angaben auf den niedrigsten Stand seit Beginn der gesamtdeutschen Erhebungen 1991. Die Verbraucher befürchten eine lange Rezession.

Einkaufen in Cottbus: Noch hat die Finanzkrise nicht auf die Einkaufsstimmung durchgeschlagen. (Foto: Foto: dpa)

Die Gegenwart sieht dagegen noch ganz gut aus. Denn die Stimmung der deutschen Verbraucher hat sich im November überraschend aufgehellt. Der entsprechende Indikator prognostiziert einen Anstieg des Konsumklimas von 1,9 Punkten im Vormonat auf 2,2 Punkte. Volkswirte hatten einen Rückgang auf 1,5 Punkte erwartet.

Zum Jahresende könnte das Konsumklima auf niedrigem Niveau noch einmal zulegen, lauteten die Erkenntnisse der Forscher. Sowohl steigende Einkommensaussichten als auch eine verbesserte Anschaffungsneigung trügen dazu bei. Insofern sei die Finanzkrise bislang noch nicht auf die Verbraucherstimmung in Deutschland durchgeschlagen.

Deutschland in der Rezession

"Die Finanzkrise ist zwar inzwischen in der Realwirtschaft angekommen, aber noch nicht so recht bei den Verbrauchern", kommentierte die GfK die Ergebnisse. Zwar sanken die Konjunkturaussichten der Verbraucher auf minus 30,1 Zähler und damit auf ein abermaliges Rekordtief. Fallende Energiepreise und recht gute Tarifabschlüsse hätten den Pessimismus der Verbraucher aber gemildert.

Das leichte Plus beim privaten Konsum sowie steigende Konsumausgaben des Staates haben Deutschland im dritten Quartal vor einem noch tieferen Absturz in die Rezession bewahrt. Trotzdem schrumpfte im Sommer die Wirtschaftsleistung zum zweiten Mal in Folge: Von Juli bis Ende September ging das Bruttoinlandsprodukt real um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zurück, teilte das Statistische Bundesamt mit und bestätigte damit seine ersten Zahlen von Mitte November. Im zweiten Quartal hatte es ein Minus von 0,4 Prozent gegeben. Ökonomen sprechen bei zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit negativen Wachstumsraten gemeinhin von einer Rezession.

Positive Wachstumsimpulse kamen im dritten Quartal nach Angaben des Bundesamtes alleine aus dem Inland: Die privaten Konsumausgaben nahmen saison- und kalenderbereinigt um 0,3 Prozent zu, die Konsumausgaben des Staates waren um 0,8 Prozent höher als im zweiten Quartal 2008. Gebremst wurde das Wachstum unter anderem durch schwächere Exporte und die hohen Ölpreise.

"Rettungsschirm stärkt Vertrauen"

Für das kommende Jahr sieht die GfK unterdessen einen steigenden Konsum und gibt sich sogar noch optimistischer als für dieses Jahr. "Trotz des aktuell hohen Ausmaßes der Unsicherheit über die Wirtschaftsentwicklung gehen wir für das kommende Jahr von einem leichten Wachstumsplus von rund 0,5 Prozent aus", sagte GfK-Chef Klaus Wübbenhorst und begründete den Zuwachs mit der sinkenden Teuerung, der nach wie vor geringen Arbeitslosigkeit und jüngsten Maßnahmen der Bundesregierung.

"Der Rettungsschirm für den Bankensektor hat das Vertrauen der Bevölkerung in das Finanzsystem wieder gestärkt", sagte Wübbenhorst. So helfe das Paket, dass die Kreditvergabe im Bankensektor nicht zum Erliegen komme. Hiervon profitierten letztlich sowohl Unternehmen als auch Verbraucher. "Auch das Konjunkturpaket der Bundesregierung ist prinzipiell positiv zu werten, da es die Wirtschaftskrise mildern dürfte." Wichtig sei aber, dass die Regierung entschieden, schnell und klar handele, schränkte der GfK-Chef ein. "Es wäre sicher nicht sinnvoll, einzelne Steuervergünstigungen erst 2010 zu gewähren."

Nicht ganz so positiv wird die Entwicklung von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gesehen. Die Organisation sieht Deutschland im kommenden Jahr tief in der Rezession. Die deutsche Wirtschaft werde 2009 um 0,9 Prozent schrumpfen, teilte die OECD mit. Deutschland werde insbesondere durch die starke Abhängigkeit seiner Wirtschaft von Exporten "hart getroffen". Die Arbeitslosigkeit werde stark ansteigen, hieß es. Bis Ende 2010 würden voraussichtlich 700.000 Menschen weniger einen Job haben.

Die OECD ist mit ihrer Prognose deutlich pessimistischer als die Bundesregierung, die bisher noch von einem Wachstum im kommenden Jahr von 0,2 Prozent ausgeht. Laut der OECD wird der Abschwung vor allem die erste Jahreshälfte betreffen und sich die Wirtschaft danach allmählich wieder erholen. 2010 werde es dann nach den nicht kalenderbereinigten Zahlen wieder ein Wachtum von 1,3 Prozent geben.

© sueddeutsche.de/dpa/dpa-AFX/AFP/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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