Konjunktur:Der Aufschwung schwingt nicht

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Wirtschaftsforscher erwarten für 2005 ein schwächeres Wachstum als angenommen. Die Deutschen kaufen zu wenig — zusätzlich schlagen Krisen wie bei Opel oder Karstadt auf die Stimmung.

Nina Bovensiepen

Führende Wirtschaftsforscher sehen die konjunkturelle Erholung in Deutschland schon wieder als beendet an.

In ihrem Herbstgutachten, das die sechs wichtigsten Wirtschaftsforschungsinstitute an diesem Dienstag vorlegen, sagen die Experten für 2004 ein Wachstum von 1,8 Prozent vorher.

Für 2005 prognostizieren fünf der sechs Institute nur noch ein Plus von 1,5 Prozent. Ein entsprechender Zeitungsbericht wurde im Umfeld der Institute bestätigt.

Wie es weiter hieß, geht lediglich das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einem Minderheitsvotum von zwei Prozent Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr aus. Die Prognose der Bundesregierung liegt derzeit für dieses Jahr bei 1,8 und für 2005 bei 1,5 bis zwei Prozent.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte sich in der Vergangenheit stets optimistisch gezeigt, dass das Wachstum in beiden Jahren eher bei zwei Prozent liegen werde.

Aus Regierungskreisen kamen zuletzt aber Signale, dass es "spitz gerechnet" nur 1,8 Prozent betragen werde. Ein Sprecher Clements verwies am Sonntag auf die Vorlage der Regierungsprognose am 25. Oktober.

Entscheidend für den Verlauf der Konjunktur ist nach Ansicht von Ökonomen vor allem, ob die Binnennachfrage anzieht. Bisher trägt allein der Export den Aufschwung.

Ob der Konsum in Schwung kommt, hängt nach Meinung von Experten stark von der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen ab. Die Bundesagentur für Arbeit hatte zuletzt eingeräumt, dass die Zahl der Erwerbslosen diesen Winter auf den Rekordwert von fünf Millionen steigen könnte.

Reformkurs gelobt

Ursache ist die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II, mit der mehrere hunderttausend Sozialhilfeempfänger erstmals in der Statistik der Bundesagentur erfasst werden.

Sollte der Stellenabbau in den Unternehmen sich noch fortsetzen, wie es sich zum Beispiel bei Opel und Karstadt-Quelle ankündigt, dürfte dies die Situation zusätzlich verschärfen. "Es ist durchaus möglich, dass dies die Stimmung der Verbraucher verschlechtert und den Konsum in Mitleidenschaft zieht", sagte DIW-Chef Klaus Zimmermann der Welt am Sonntag.

Zimmermann bestärkte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) aber dennoch darin, am Reformkurs festzuhalten. Dies werde sich schon im kommenden Jahr auszahlen. "In fünf bis zehn Jahren werden wir wieder ganz oben sein", sagte der DIW-Chef.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, forderte unterdessen ein staatliches Konjunkturprogramm, um die Wirtschaft anzukurbeln. Deutschland leide nicht an mangelnder Wettbewerbsfähigkeit, sondern unter der schwachen Inlandsnachfrage.

"Die Regierung sollte sich endlich einen Ruck geben und mit einem starken Investitionsprogramm in den Städten und Regionen die Wirtschaft anschieben", sagte der DGB-Chef der Bild am Sonntag.

Mit Blick auf die Krise bei Opel regte Sommer an, Besitzern von Altautos beim Kauf von Energie sparenden Neuwagen eine Verschrottungsprämie von 1500 Euro für zehn Jahre alte Autos zu zahlen.

© SZ vom 18.10.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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