"Komplott der Manager":Unannehmlichkeiten für Ihre Durchlaucht

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Gloria von Thurn und Taxis hat mit ihrer fröhlichen Dampfplauderei die Familie eines früheren Managers verärgert — ein Fall für die Justiz.

Von Rolf Thym

Sie ist wieder da. Diesmal nicht, wie in ihren wilden, wilden Jahren, im schrillen Designerfummel und mit einer Haarpracht, bunt aufgetürmt wie ein Berg Zuckerwatte.

Die einstige "Punk-Prinzessin" beliebt nunmehr die zurückhaltende Eleganz nobler Couturiers an den Tag zu legen, die Frisur geht in Richtung Angela Merkel.

Trotzdem erfreut sie sich nachhaltiger Beliebtheit im großen Medienzirkus. Auf 389 Buchseiten hat sie ihr Leben erzählt, und seither wird Mariae Gloria Ferdinanda Joachima Josefine Wilhelmine Huberta von Thurn und Taxis, geborene Gräfin von Schönburg-Glauchau, überall mit Freuden durchgenommen: Johannes B. Kerner widmet ihr eine ganze Sendung, der Spiegel verfolgt sie auf fünf Druckseiten vom Quincy-Jones-Konzert in Rom bis zur Bundespräsidentenwahl in Berlin, wo sie als Wahlfrau der CSU dummerweise für die SPD-Kandidatin Gesine Schwan stimmt.

"Bande dahergelaufener Versager"

Das verschafft ihr umgehend den nächsten Fernsehauftritt, wobei sie von alten Christsozialen ein wenig gerüffelt werden muss.

Macht aber nichts. Gloria lächelt und alle haben sie wieder schrecklich lieb, weil sie ja so charmant sein kann. Und überhaupt hat die Frau ja auch was geleistet: Hat eine beachtliche Metamorphose von der Partynudel, die in ihrem Buch freimütig auch vom Kiffen und Koksen erzählt, über Ausflüge in die höchsten Höhen des internationalen Jetsets hin zur tief religiösen Managerin eines adeligen Milliardenvermögens hinter sich.

Hat früh ihren Mann Johannes verloren, den Chef des Regensburger Adelshauses Thurn und Taxis, hat drei Kinder großgezogen und sich, mit 44 Jahren, einen hübschen Altersruhesitz an der kenianischen Küste gebaut, wo ihr die Einheimischen keineswegs böse sind, dass sie dem Fernsehtalker Michel Friedman mal erklärt hat, in Afrika gebe es deswegen ein so schlimmes Aids-Problem, weil "der Schwarze gern schnackselt".

Gloria an sich ist immer ein Magnet - nicht zuletzt bei den Festspielen daheim im Schloss zu Regensburg, wo sie im Juli einen kleinen Auftritt im "Jedermann" haben wird, neben Hanna Schygulla, Christine Neubauer und Otto Sander.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie demnächst auch noch vor Gericht wird auftreten müssen - eben wegen ihres Buches "Gloria - die Fürstin", das der Münchner Heyne-Verlag in 45.000 Exemplaren unters Volk gebracht hat.

Darin tut sie, wofür sie schon immer berühmt, manchmal auch berüchtigt war: Sie spricht streckenweise ziemlich ungeniert - unter anderem davon, dass "mein Sohn von einer Bande dahergelaufener Versager enterbt werden" sollte.

Gemeint sind offenbar einige Manager, die dereinst Glorias Gatte eingestellt hatte, um die fürstlichen Unternehmungen auf Vordermann zu bringen.

50 Firmen mit gut 4000 Beschäftigten

Nur leider gefiel der jungen Schlossherrin deren Tun und Wirken nicht sonderlich. Unter der Kapitelüberschrift "Das Komplott der Manager" echauffiert sie sich: Alles, was jene Vorstände angefasst hätten, sei "Mist" gewesen. "Diese Leute hatten alle Register gezogen. Für sie ging es darum, sich und ihren Freunden einen festen Job bis ins hohe Pensionsalter zu beschaffen.

Ich war die Einzige, die gegengehalten hat." Gar eine "Terrorherrschaft" hätten sie ausgeübt.

Davon aufs Unangenehmste angesprochen fühlen sich nun die engsten Angehörigen des vor kurzem verstorbenen Rolf Levedag, der zwei Jahre lang bis 1990 im Dienste derer von Thurn und Taxis stand.

Im Auftrag der Familie hat am Donnerstag der Hamburger Anwalt Alexander Graf von Kalckreuth eine einstweilige Verfügung gegen den Heyne-Verlag beantragt mit dem Ziel, dass Glorias Autobiografie umgehend aus dem Handel zu nehmen sei, wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten und allerlei Schmähungen.

Der für Ihre Durchlaucht und den Verlag nicht gerade erfreuliche Fall betrifft unschöne Auseinandersetzungen, die ihren Höhepunkt im Sommer 1990 hatten und im wesentlichen um die Frage kreisten, wer künftig die unternehmerischen Geschicke des Adelshauses leiten solle.

Damals war Gloria gerade 30 Jahre alt, musste den 34 Jahre älteren Prinzen Johannes von Thurn und Taxis immer wieder in seinem Drang zum Glase bremsen - und hatte Angst ums viele, viele Geld.

Ihr Mann hatte eine kleine Riege gestandener Manager engagiert mit dem Auftrag, die angestaubten adeligen Unternehmungen, die sich im Wesentlichen auf Land- und Forstwirtschaft, Immobilien, zwei Brauereien, die Thurn- und-Taxis-Bank und zwei Industrie-Zulieferbetriebe stützten, kräftig aufzumöbeln.

Die Herren stiegen ins internationale Finanzgeschäft ein, gründeten eine Fülle von Dienstleistungsunternehmen - und schließlich zählte das Thurn-und-Taxis-Imperium rund 50 Firmen mit gut 4000 Beschäftigten. Johannes von Thurn und Taxis litt zu dieser Zeit immer mehr an seinem vom Alkohol angegriffenen Herzen.

Ein Wirtschaftskrimi

Er begann, die letzten Dinge zu regeln, vor allem die finanziellen. Nach dem Hausrecht war sein damals sieben Jahre alter Sohn Albert der Erbe des auf rund zwei Milliarden Euro geschätzten Familienvermögens.

Doch wer sollte das Imperium leiten, wenn der Chef des Hauses vor dem Erreichen der Geschäftsfähigkeit des Sohnes ableben würde? So ließ er Möglichkeiten einer künftigen Vermögensverwaltung prüfen, unter anderem die Gründung einer Stiftung, die von einem Vorstandsgremium zu leiten wäre, in dem die Fürstenfamilie jedoch nur eine, wenn auch wichtige Stimme zugeteilt bekäme.

Gloria von Thurn und Taxis war alarmiert: Sie befürchtete, dass nach dem Tod ihres Mannes weder ihr Sohn noch sie selbst das Sagen habe, sondern Manager. Und damit begann ein von Intrigen, Verdächtigungen und allerlei Rufschädigungen durchwirkter Wirtschaftskrimi.

Gloria gesteht in ihrer Autobiographie, dass sie dem Manager Magazin streng vertrauliche Unterlagen über den Zustand der Thurn-und-Taxis-Finanzen zugespielt hat.

Es wurde dann, ganz nach ihrem Wunsch, eine rechte Skandalgeschichte daraus, des Inhalts, dass sich das Adelshaus in einer bedrohlichen Schieflage befinde und der vor sich hin dämmernde Chef leider nicht bemerke, wie ihn seine Finanzfachleute über den silbernen Löffel balbierten.

Johannes von Thurn und Taxis schnitt fortan seine Vorstände, die ihrerseits - und das steht nicht in Glorias Buch - mit einer Abmahnung die Rückkehr zu einem normalen Geschäftsbetrieb zu erreichen suchten. Schließlich kam es zum geräuschvollen Abgang der Führungsriege.

Danach hagelte es juristische Auseinandersetzungen. Letztlich schlossen vier der geschassten Manager und die inzwischen zur T&T-Generalbevollmächtigten aufgestiegene Gloria am 15. April 1992 eine "Streitbeilegungsvereinbarung": Darin nahm die neue Unternehmenschefin "die erhobenen Vorwürfe" zurück.

Man kam überein, "die gegenseitig eingeleiteten Gerichtsverfahren für erledigt zu erklären", und überdies verpflichteten sich "die Parteien", zur Tätigkeit der Manager für T&T "keine weiteren Erklärungen gegenüber der Presse" abzugeben.

Prinzessin, nicht Fürstin

Nun ist der alte, leidige Fall durch das Buch doch wieder ein öffentliches Thema- und prompt wieder vor Gericht gelandet. Am Ausgang dieser Auseinandersetzung ist übrigens auch der Münchner Autor Rudolf Schröck heftig interessiert, der seit geraumer Zeit an einer Biographie über Ihre Durchlaucht arbeitet und dabei zu spüren bekam, wie empfindlich die zu Porträtierende sein kann: In ihrem Auftrag wies die Hamburger Anwaltskanzlei Prinz, Neidhardt und Engelschall den Autoren Schröck vorsorglich darauf hin, "dass wir grundsätzlich gegen jede Berichterstattung vorgehen, die die Privatsphäre unserer Mandantin betrifft".

Falls er von seinem Buch nicht absehe, müsse er mit "Unterlassung, Gegendarstellung, Widerruf/Richtigstellung, Schadensersatz" rechnen. Die Drohung ist nun aber auch schon fast ein Jahr alt.

Inzwischen hat Schröck ein paar recht nett verlaufene Gespräche mit Gloria von Thurn und Taxis hinter sich. Zur nächsten Buchmesse, sagt der Kölner Droste-Verlag, soll das Werk erscheinen.

Darin wird übrigens ein pikantes, wenngleich nicht überraschendes Aperçu mitgeteilt: Dass die Regensburger Fürstin gar keine ist, sondern - rein namensrechtlich wegen der Abschaffung jeglicher Herrschaftstitel - eine Prinzessin.

© SZ vom 18.06.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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