Kommentar:Wetterleuchten über einer Fusion

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Als Wetterleuchten bezeichnet man das Aufscheinen eines weit entfernten Gewitters. In diesem Sinne ist das Naturphänomen ein gutes Bild für das, was der Manager eines Hedge-Fonds zur Übernahmeofferte für die HypoVereinsbank geäußert hat.

Von Martin Reim

John Bennett, angestellt bei einer Tochter der Schweizer Großbank UBS, hält das Angebot der italienischen Unicredit für zu niedrig und will die von ihm verwalteten Papiere nicht eintauschen. Dies ist ein erstes Zeichen dafür, dass das Projekt in schweres Wetter geraten könnte.

Ob die Gefahr just von diesem Hedge-Fonds ausgeht, ist zwar zweifelhaft. Der HVB-Anteil in dessen Portfolio ist winzig, außerdem pfiff UBS den Manager umgehend zurück.

Gegenofferten möglich

Doch werden sich auch andere institutionelle Anteilseigner die selbe Frage stellen: Wie bekomme ich mehr für meine HVB-Aktien als das, was Unicredit bietet? Naheliegendste Möglichkeit ist, anderen potenziellen Bietern klarzumachen, dass sie immer noch in Spiel kommen können - vorausgesetzt, sie legen noch was drauf. Und genau das könnte Bennett mit seinen öffentlichen Äußerungen bezweckt haben: weitere Interessenten anzulocken.

Denn dass ausländische Banken eine Gegenofferte prüfen, darf als sicher gelten. Viele von ihnen würden gerne europaweit expandieren, wie es Unicredit jetzt plant.

Doch schreckten sie unter anderem deshalb vor der HVB zurück, weil sie unkalkulierbare Risiken fürchteten. Nun hat Unicredit deren Bücher geprüft und offensichtlich für gut befunden. So könnten auch andere durchaus einen Versuch wagen.

Das brächte einen höheren Preis für die HVB-Aktien mit sich, und möglicherweise ein aufgestocktes Gebot durch Unicredit.

Die Beteuerungen von Konzernchef Alessandro Profumo, man werde keinesfalls das Angebot erhöhen, kann man wohl vergessen. Das ist Teil des Spiels. Außerdem ist es knausrig, nur eigene Aktien einzutauschen und keine Zuzahlung in bar zu leisten; da ist noch Luft nach oben.

Entscheidend ist, wie sich die Münchener Rück verhielte, falls eine Konkurrentin für Unicredit auftauchen würde. Der Versicherer hält quasi eine Sperrminorität an der HVB und hat sich nur ausweichend zur vorliegenden Offerte geäußert.

Frühere Stellungnahmen legen nahe, dass er bei seiner Entscheidung dem Wunsch der HVB erhebliches Gewicht beimessen wird. Vorstand und Aufsichtsrat der Bank haben sich für Unicredit ausgesprochen. Wie viel müsste man der Münchener Rück nun bezahlen, damit sie dieses Votumnotfalls überginge? Den Spekulanten bleibt viel Raum für Kursfantasien.

© SZ vom 23.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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