Kommentar:Verkorkster Börsengang

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Am Ende werden alle nur noch froh sein, dass das Theater vorbei ist. Dabei sollte der für Montag geplante Börsengang der Postbank für die Wiederbelebung des deutschen Aktienmarktes sorgen.

Von Martin Hesse

Eine erfolgreiche Platzierung werde dazu beitragen, das erschütterte Vertrauen der Anleger in die Aktie als Anlageform wieder herzustellen, so die vielfach geäußerte Erwartung. Schon jetzt ist sicher, dass diese Hoffnung sich nicht erfüllen wird, selbst wenn am Ende die Post als Verkäuferin den von ihr angestrebten Preis durchsetzt.

Um breite Anlegerschichten zu ermutigen, vermehrt Risikokapital über die Börse bereit zu stellen, muss ein Börsengang mindestens zwei Voraussetzungen erfüllen: Der Preis sollte fair ermittelt werden.

Kein Appetit auf weitere Börsengänge

Zudem brauchen alle Investoren vor der Emission ausreichende Informationen über Kennzahlen, Risiken und sämtliche für die Bewertung relevanten Fakten. Die Postbank und ihre Betreuer - allen voran die Deutsche Bank - haben diese Bedingungen nicht erfüllt.

Es ist normal, dass die Post auf der einen und die Investoren auf der anderen Seite um den Ausgabepreis feilschen. Doch es ist schon sehr befremdlich, wenn die Post und ihre Banken die Untergrenze der Preisspanne deutlich höher ansetzen, als eine große Zahl von institutionellen Investoren gerade noch als angemessen empfindet.

Privatanleger muss das um so mehr irritieren, als die Deutsche Bank ein Papier an die Öffentlichkeit geraten ließ, das der Postbank ebenfalls einen niedrigeren Wert zubilligt. Entweder verkennt die Post, was der Markt derzeit zu zahlen bereit ist, oder sie verlässt sich ganz auf die Abnahmegarantie der Deutschen Bank. Appetit auf weitere Börsengänge macht diese Art der Preisfindung nicht.

Auch um die Transparenz war es beim Postbank-Börsengang nicht weit her. Analysten-Studien etwa wurden nur institutionellen Investoren zur Verfügung gestellt, erst auf Umwegen gelangten sie über die Medien an die breite Öffentlichkeit.

Auch das interne Bewertungspapier der Deutschen Bank, das offenbar ausgewählten Investoren zuging, widerspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Anleger.

Eins ist sicher: Die Investoren brauchen eine solche Neuemission nicht unbedingt - passt ihnen der Preis nicht, bietet die Börse genügend Anlagealternativen.

Vielmehr haben neben der Post vor allem die Investmentbanken ein starkes Interesse an dem Börsengang, sie müssen ihre Neuemissionsabteilungen beschäftigen.

Doch als Werbung für ihre Qualitäten als Konsortialbank ist die Postbank-Platzierung für die Deutsche Bank nicht geeignet.

© SZ vom 17.06.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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