Kommentar:Sie können's nicht lassen

Allzu gerne geben Politiker ihrem Verlangen nach, auch unabhängigen Institutionen Ratschläge oder gar Mahnungen zu erteilen. Für gewöhnlich erreichen sie damit nicht nur nichts, sondern noch weniger.

Von Nikolaus Piper

Jeder weiß: Die Europäische Zentralbank ist unabhängig; kein Politiker darf dem EZB-Rat ins Geschäft pfuschen. Es waren seinerzeit gerade die Deutschen, die auf eine bedingungslose Festschreibung der Unabhängigkeit der EZB im Maastricht-Vertrag drangen.

Völlig widersinnig ist es überdies, die Währungshüter zu einer wie auch immer gearteten Wechselkurspolitik zu drängen. Die EZB ist einzig und allein dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet, sie kann und darf kein Wechselkursziel für den Euro nennen, selbst wenn sie ein solches durchsetzen könnte.

Druck erzeugt Gegendruck

Nun kann umgekehrt natürlich jedermann über die EZB sagen, was er will, auch ein Politiker. Das Problem ist nur: Je mehr Politiker reden, desto mehr setzen sie den EZB-Rat unter Rechtfertigungszwang und desto eher werden die Politiker das Gegenteil des Intendierten erreichen.

Die Erfahrung dürften auch der Bundeskanzler und der französische Ministerpräsident machen, die jetzt mit unterschiedlicher Deutlichkeit Zinssenkungen und/oder Devisenmarktinterventionen verlangen, um den Anstieg des Euro-Kurses zu bremsen. Die Forderungen werden im besten Fall nichts bewirken, im schlimmsten das Richtige verhindern oder hinauszögern.

Conclusio

In der Sache könnte es durchaus sinnvoll sein, einmal mit koordinierten Stützungskäufen die Spekulation gegen den Dollar zu entmutigen. Und natürlich nimmt der starke Euro Inflationsdruck aus der Wirtschaft, wodurch Zinserhöhungen weniger dringlich werden. Aber im Kern haben teurer Euro und schwacher Dollar ihre Ursachen in der Realwirtschaft, im Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten. Und an dem kann auch die EZB nichts ändern.

© SZ vom 27.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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