Kommentar:Schön gerechnet

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Die Zahl sieht gut aus. Durchschnittlich 4,5 Prozent wollen die Lebensversicherer im kommenden Jahr an ihre Kunden ausschütten, ergaben vorläufige Berechnungen.

Von Martin Reim

Das wäre nicht viel weniger als die Rendite für 2003 und mehr, als manche Beobachter erwartet hatten. Doch führt der Wert in doppelter Hinsicht in die Irre - zum Vorteil der Versicherer.

Erstens ist die Zahl zu hoch, vergleicht man sie mit der Rendite festverzinslicher Anlagen. Die Ausschüttung für Kapital-Lebensversicherungen und private Renten-Policen bezieht sich nicht auf das gesamte eingezahlte Geld; von den Prämien geht ein enormer Teil für Kosten drauf.

Wie hoch der ist, sagen die Firmen wohlweislich nicht - mancher Kunde würde erschrecken. Geschätzt wird, dass bis zu einem Viertel der Einzahlungen keine Rendite bringt.

Vermutlich zu viel verteilt

Zweitens haben die Gesellschaften vermutlich mehr verteilt, als zu verteilen war. Die Versicherer müssen laut Gesetz die Verluste aus Aktien-Investments nicht komplett ausweisen. Diese Möglichkeit hat die Branche schon im vergangenen Jahr weidlich genutzt; manche Gesellschaft hätte ihren Kunden damals rein rechnerisch etwas abziehen müssen, tatsächlich wurden aber hohe Renditen ausgewiesen.

Auch in diesem Jahr waren angesichts der übrig gebliebenen Lasten und der Zins- und Aktien-Entwicklung, seriös gerechnet, wohl keine großen Sprünge möglich. Eine Reihe von Unternehmen hüpfte dennoch recht weit, was den Zinsausweis angeht.

Da liegt der Verdacht nahe, dass sie im kommenden Jahr besonders gut dastehen wollen. Offensichtlicher Grund: Die Bundesregierung plant, die Steuerfreiheit für jene Kapital-Lebensversicherungen zu kippen, die ab Anfang 2005 abgeschlossen werden. Egal, ob es wirklich so kommt oder nicht - es ist mit Torschlusspanik der Deutschen und einem entsprechenden Boom zu rechnen.

Unter Null

Potenzielle Kunden sollten sich da nicht leimen lassen. Generell gilt, dass der Abschluss einer Kapital-Lebensversicherung für die meisten Bundesbürger nicht sinnvoll ist. Einer der Gründe: Bei einer vorzeitigen Kündigung, und die kann angesichts der langen Laufzeiten in vielen Fällen nötig werden, behalten die Unternehmen so viel ein, dass die tatsächliche Verzinsung unter Null liegen kann. Auch dies taucht in keinem offiziellen Rendite-Ausweis auf.

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