Kommentar:Renaissance der Rohstoffe

Lesezeit: 2 min

Mit der zunehmenden Bedeutung Chinas und anderer asiatischer Staaten steigt auch deren Nachfrage nach Öl und somit der Ölpreis. Aber das hat auch etliche positive Effekte.

Von Gerd Zitzelsberger

Es geht nicht um Öl allein: Auch viele andere Rohstoffe sind teuer geworden. Silber, Platin, Kupfer und selbst Soja-Öl haben die höchsten Preise seit vielen Jahren erreicht.

Über Jahrzehnte hinweg hatten sich zuvor die Rohstoffe im Vergleich zu den anderen Gütern im Trend immer mehr verbilligt. Doch derzeit erlebt die Welt eine Gegenbewegung. Der CRB-Index, das wichtigste Preisbarometer für die internationalen Rohstoffmärkte, ist seit Anfang 2002 um nahezu 50 Prozent gestiegen.

Starker Euro federt Preise ab

In Deutschland spürt man nur wenig von der Entwicklung, denn die Rohstoffe werden ganz überwiegend in Dollar notiert; weil aber gleichzeitig die amerikanische Währung an Wert verloren hat, erreicht die großen Preiswoge die Deutschen nur als kleine Welle. Der Dollar-Verfall hat eben nicht nur seine schlechten Seiten.

Zwar kann man Platin und Soja-Öl nicht in einen Topf werfen, aber einen gemeinsamen Nenner für die Rohstoff-Hausse gibt es schon. Es ist der Boom in Asien. China, das bevölkerungsreichste Land der Welt, hat im vergangenen Jahr trotz der Lungenepidemie Sars ein neun Prozent hohes Wirtschaftswachstum erzielt. Rechnet man nicht mit dem - niedrigen - offiziellen Wechselkurs, sondern mit Kaufkraft-Paritäten, dann dürfte das chinesische Sozialprodukt bereits das japanische überholt haben. Die Volksrepublik wäre nach diesem Maßstab die zweitgrößte Wirtschaftsnation der Welt.

Der Boom beginnt erst

Ähnlich kräftig wachsen Thailand, Malaysia oder Indien, wo die Bevölkerung dreimal so groß ist wie die der USA. Diese Länder sind gemessen am Pro-Kopf-Einkommen immer noch arm und haben damit eine völlig andere Wirtschaftsstruktur als Deutschland oder die USA.

Statt für Internet-Anschlüsse, Reisen und Konzert-Abende geben die Verbraucher dort ihr Geld für ihr erstes Auto, eine Badewanne oder eine ordentliche Pfanne aus. Und die Firmen investieren nicht so sehr in Software, sondern kaufen Maschinen und ziehen neue Gebäude hoch. Für diese Länder beginnt gewissermaßen gerade das Industriezeitalter.

China nützt der deutschen Wirtschaft

So kommt es, das China inzwischen zu den weltweit größten Importeuren von Öl oder Kupfer gehört. Und weil China oder Indien inzwischen ein ganz anderes Gewicht haben als noch vor wenigen Jahren, beeinflussen sie inzwischen die Verhältnisse auf dem Weltmarkt. Sie treiben beispielsweise die Rohstoffpreise.

China ist Verursacher für die hohe Öl-Nachfrage. Aber dies ist in Wirklichkeit kein Nachteil für die "erste Welt". Die chinesische Nachfrage nach Maschinen und Know-how nützt der deutschen Wirtschaft mehr, als die hohen Rohstoffpreise ihr schaden.

© SZ vom 1.4.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: