Kommentar:Prekärer Aufschwung

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Zahlen sind in der Wirtschaft häufig nur Momentaufnahmen. Man sollte es daher nicht überbewerten, wenn der Ifo-Index für das Geschäftsklima im Februar nach zehn Monaten zum ersten Mal wieder gesunken ist; so etwas hat es auch in früheren Jahren schon gegeben.

Von Nikolaus Piper

So viel lässt der überraschende Einbruch aber immerhin an Deutung zu: Der kaum begonnene Aufschwung bleibt prekär - er ist ständig gefährdet ebenso durch den Wechselkurs wie durch die Wechselhaftigkeiten der Berliner Reformen und die Risiken der amerikanischen Wirtschaftspolitik.

Trotz des teuren Euros trägt der Export bislang die Konjunktur in Deutschland; auch die Investitionen sind gestiegen, der private Konsum bleibt dagegen schwach. Kein Wunder, dass die Menschen sparen, wenn sie ständig um ihren Job bangen müssen.

Wer es noch nicht geglaubt hatte, der weiß es jetzt: Der Aufschwung, so er denn nachhaltig werden sollte, rettet die Deutschen nicht aus ihren Anpassungsschmerzen.

Wer, zum Beispiel in der Tarifpolitik, in die alten Handlungsmuster zurückfällt, der schadet sich selbst. Gleichzeitig limitiert die Konjunktur die Reformer in einem gewissen Sinne.

Verweigerung

Werden die Bürger zu sehr belastet, ohne dass eine Verbesserung der Zukunftsperspektiven in Aussicht steht, dann verweigern sie sich. Das Angstsparen nimmt zu, Konsumnachfrage fällt aus und die Staatsfinanzen kommen wegen fehlender Steuereinnahmen erneut unter Druck.

Auch hier ist vor alten Illusionen zu warnen. Die Staatsfinanzen in Deutschland sind längst nicht mehr so, dass sie irgendwelche nachfragepolitischen Experimente erlauben würden.

Notwendig ist eine besonnene Konsolidierungspolitik, vor allem aber die Stabilisierung der Erwartungen durch eine glaubwürdige Reformpolitik. Die Investoren müssen wissen, dass die Regierung Kurs hält, die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass sich die heutigen Opfer morgen auszahlen.

Schädliche Pläne

Gift sind in diesem Zusammenhang die Pläne der Berliner Koalition für eine Ausbildungsplatzabgabe, Gift sind ebenso alle Debatten über noch zu planende oder zu verwirklichende Steuererhöhungen.

Und schließlich nützt es wenig, sich über den richtigen oder falschen Wechselkurs des Euro Gedanken zu machen.

Die Europäische Zentralbank wird sich, mit gutem Grund, niemals ein Wechselkurs-Ziel setzen. Der Euro ist teuer, weil der Dollar schwach ist, und der ist schwach wegen der Defizite im Budget und in der Leistungsbilanz der Amerikaner. Die Europäer, besonders die Deutschen, müssen sich selber helfen.

© SZ vom 25.02.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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