Kommentar:Politische Dividende

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VW hat gerade einen satten Ertragseinbruch veröffentlicht. Dass die Dividende den gesunkenen Gewinnen nicht Rechnung trägt, könnte vor allem daran liegen, dass der größte Aktionär das Land Niedersachsen ist.

Von Meite Thiede

Wer Fürchterliches erwartet, der neigt schon mal zur Überreaktion, wenn es dann nicht ganz so schlimm kommt. So lief das jedenfalls an diesem Montag mit der Volkswagen-Aktie.

Da schneidet der Autohersteller im vergangenen Jahr nur um ein paar Millionen Euro besser ab, als es Konzernchef Bernd Pischetsrieder prognostiziert hatte. Und schon steigt der Kurs kräftig.

Die Erleichterung der Börsianer war offenbar groß. Dabei hatte VW doch in Wahrheit gerade einen satten Ertragseinbruch veröffentlicht.

Kein Grund zur Euphorie

Doch war die Finanzszene um Argumente nicht verlegen: In den vorgelegten Zahlen seien offensichtlich keine bösen Überraschungen versteckt, und außerdem habe der Vorstand entschieden, dass die Dividende nicht noch einmal sinken soll.

So etwas macht natürlich Hoffnung, dass es aufwärts geht. Aber die Reaktion der Börse zeigt auch, wie bescheiden die Erwartungen an VW inzwischen sind.

Für Euphorie besteht wahrlich noch kein Grund. Was ist denn schon passiert? Der Wolfsburger Konzern hat in einem gewaltigen Kraftakt 1,6 Milliarden Euro eingespart.

Grenze zwischen Marke und Konzern zerfließt

So toll ist das auch wieder nicht, wenn man bedenkt, wie groß der Hebeleffekt ist in einem Konzern, der einen Umsatz von 89 Milliarden Euro hat. Als normales Tagesgeschäft würde mancher andere Manager das bezeichnen.

Nur ist Volkswagen eben nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Dort zerfließt jede Grenze zwischen Marke und Konzern, und wenn die Marke VW - wie im vergangenen Jahr geschehen - Verluste schreibt, dann muss gleich der ganze Konzern mit einem Notprogramm ran.

Nach typisch Wolfsburger Art ist auch die Sache mit der Dividende entschieden worden. Da lohnt ein Blick zurück: Vor einem Jahr, als der Vorstand einen Ertragseinbruch um 60 Prozent verkünden musste, war die Entscheidung gefallen, dass die Aktionäre das in Form einer moderaten Dividendenkürzung mittragen sollten.

Verflechtung von Politik und Unternehmen

Jetzt ist das Ergebnis nach Steuern noch einmal um 30 Prozent eingebrochen, aber die Aktionäre bleiben verschont. Damit wird VW dann also mehr als 50 Prozent dessen ausschütten, was verdient wurde. Das ist genügend Stoff, um das leidige Thema der Verflechtung von Politik und Unternehmen anzusprechen.

Das Land Niedersachsen besitzt als größter Aktionär 18 Prozent des VW-Kapitals; Ministerpräsident Christian Wulff sitzt, wie schon seine Vorgänger, im Aufsichtsrat. Eine ertragsorientierte Dividende kommt da in wirtschaftlich schlechten Zeiten natürlich nicht gut an - ganz unabhängig vom Parteibuch des jeweiligen Ministerpräsidenten.

© SZ vom 15.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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