Kommentar:Nur zusammen sind sie stark

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Die Zukunft der Mobilität gehört dem Elektroauto und dem autonomen Fahren. Die deutschen Autokonzerne müssen kooperieren.

Von Max Hägler

Wenn dann Roboterautos auf der Straße sein werden, wird das jeder Mensch spüren. Der Verkehr wird sicherer, weil Maschinen weniger Fehler machen. Es wird viel weniger Jobs geben, weil ganz am Ende der technischen Entwicklung keine Fahrer mehr benötigt werden in Bussen und Bahnen. Und die Autohersteller bekommen ein Problem: Wagen werden oft nur noch genutzt und nicht mehr gekauft.

Es ist nun nicht zu erwarten, dass die Autos bereits übermorgen ganz von selbst fahren auf allen Straßen. Eher in 20 oder 30 Jahren, denn etliche technische, regulatorische oder auch kulturelle Unwägbarkeiten tun sich immer wieder auf, gebündelt in der Kernfrage: Wie werden Menschen und Maschinen miteinander zurecht kommen? Aber irgendwann werden Autos komplett allein pilotieren, ob man das gutheißt oder nicht. Das wird eine Revolution sein, viel gravierender als es der Wechsel zu elektrischen Antrieben ist. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass die deutsche Autoindustrie derzeit diskutiert, ihre Kräfte zu bündeln. Soll der Automobilstandort Deutschland und Europa führend und dazu möglichst viele Jobs erhalten bleiben, braucht es eine Roboterauto-Allianz.

Die Weichen für die Zukunft werden schon jetzt gestellt. Den Weg in die Zukunft bereiten immer ausgefuchstere Assistenzsysteme, die den Autofahrer unterstützen. Wer dabei die Standards setzt, wer etwa festlegen kann, welche Sensoren - die Augen und Ohren des Autos - nötig sind, welche Grundlogiken die Künstliche Intelligenz haben soll, der wird für lange Zeit das Geschäft bestimmen.

Die Kartellbehörden müssen umdenken: Verabredungen zu unterbinden, wäre fahrlässig

Derzeit sieht es so aus, als hätten High-Tech-Firmen aus den USA und aus China die Nase vorn: Google, Alibaba oder Baidu haben über ihre bisherigen Produkte, Handys oder Suchmaschinen, bereits den Zugang zu hunderten Millionen Kunden. Und sie haben extrem viel Kapital zur Verfügung. Konkret dürfte die Google-Tochter Waymo vorne liegen im weltweiten Roboterauto-Rennen; die Amerikaner haben gerade auch den Bau einer Roboterauto-Fabrik angekündigt. Das dürfte ein wenig aufgeblasen sein, aber doch ist es so: Diese neuen Firmen programmieren und bauen rascher, als es Konzerne wie BMW, Daimler und Volkswagen gewohnt sind - in deren Autos übrigens dennoch zehnmal so viele Programmierzeilen stecken wie in einem Smartphone.

Die Automanager - etwa Harald Krüger, Dieter Zetsche, Herbert Diess - versuchen deshalb Bürokratie in ihren Firmen abzubauen, versuchen Geld zu sparen beim Alten, damit es fürs Neue zur Verfügung steht. Volkswagen strukturiert sich zudem um, trennt künftig die Entwicklung von Hardware und Software.

Und sie haben bereits erkannt, dass jedes Unternehmen für sich genommen zu klein und schwach ist, um die neuen Technologien alleine zu entwickeln: Vor zwei Jahren erwarben sie gemeinsam den digitalen Kartendienst Here; die Kosten von knapp drei Milliarden Euro teilten sie sich. Das sind alles richtige Entwicklungen und Entscheidungen. Doch das reicht nicht. Allein mit Karten und mehr Software fährt ein deutsches oder europäisches Roboterauto noch nicht nach vorn. Insofern ist es höchste Zeit, dass weitere Verabredungen getroffen werden, derzeit angestiftet von Volkswagen.

Natürlich: Das klingt schnell nach verdächtigen Absprachen. Die Kartellwächter werden jedenfalls aufmerksam hinsehen - und sie sollen es auch. Doch Sondierungen und gegebenenfalls transparent angemeldete Verabredungen zu unterbinden, wäre so fahrlässig von den Wettbewerbsbehörden wie deren derzeitige Einwände gegen die Zusammenarbeit von Alstom und Siemens bei den Eisenbahnen. Hier wie dort muss man die ganze Welt in den Blick zu nehmen, um zu beurteilen, wo ein Monopol entsteht.

Bei den Autos gilt: Die Deutschen bauen 14 Millionen Fahrzeuge im Jahr. Etwa 75 Millionen werden von anderen Unternehmen gebaut. Die Verhältnisse zeigen: Selbst bei einer deutschen oder europäischen Roboter-Auto-Allianz ist nicht gesichert, dass der Kontinent so relevant bleibt in der Industrie wie bislang. Ohne eine solche Allianz scheint es unvorstellbar, den Platz zu halten.

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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