Kommentar:Mehr Freiheit am Himmel

Lesezeit: 1 min

Das Zusammengehen der französischen Air France mit der niederländischen KLM ist ein deutliches Signal. Die Machtverhältnisse im internationalen Flugverkehr werden sich verändern.

Von Sibylle Haas

(SZ vom 01.10.03) - Doch ist das nicht einmal die wesentlichste Folge. Viel bedeutender ist, dass durch diese grenzüberschreitende Fusion - in der Luftfahrt keineswegs alltäglich - der Anfang vom Ende nationaler Egoismen begonnen hat.

Trotz wichtiger Liberalisierungsschritte im europäischen Flugverkehr und trotz der Globalisierung des Welthandels dominiert am Himmel die Kleinstaaterei. Fluggesellschaften sind noch immer Symbole, an denen sich der Nationalstolz entzündet.

In nahezu jedem europäischen Land gibt es eine "nationale" Fluggesellschaft. Schweizer Staat und Wirtschaft beispielsweise haben viel Geld und Mühe aufgewendet, um nach der Swissair-Pleite einer neuen Airline in den Markt zu helfen; auch haben sie ein Zusammengehen der Swiss mit der Deutschen Lufthansa zu verhindern gewusst.

Sonderrolle

Es wird kaum jemand bestreiten, dass Luftfahrt-Unternehmen eine Sonderrolle haben, weil sie für eine funktionierende Exportwirtschaft großen Stils unverzichtbar sind. In vielen Ländern wollen die Regierungen deshalb die Kontrolle über die Fluggesellschaften nicht verlieren.

Die Europäer werden sich von dieser teuren Tradition verabschieden müssen. Die EU-Kommission beäugt aufmerksamer als früher, ob kranke Unternehmen zu Lasten gesunder Firmen staatlich gepäppelt werden.

Wenn Fluggesellschaften nur mit Subventionen den Preiswettbewerb bestehen, dann werden sie ohne diese Hilfen aus dem Markt fliegen. Der Ausleseprozess wird weitergehen. Nur wer wirtschaftlich unabhängig ist, wird überleben: Lufthansa, British Airways und Air France gehören sicher dazu.

Eile geboten

Der Pakt Air France/KLM treibt noch eine weitere überfällige Liberalisierung voran. In diesen Tagen beginnen die Gespräche zwischen der EU-Kommission und der US-Regierung über ein Luftverkehrsabkommen. Ein solcher Vertrag würde allen Fluggesellschaften aus der EU Zugang zu amerikanischen Flughäfen gestatten und umgekehrt. Bisher hat die Kommission eher zögerlich gehandelt, jetzt ist Eile geboten.

Denn nach den bisherigen bilateralen Verträgen würde die KLM im Falle einer Fusion mit der Air France ihre Streckenrechte zwischen den Niederlanden und den USA verlieren. Dies ist wohl einer der Gründe, warum die niederländische KLM innerhalb des komplizierten Fusionskonstruktes operativ eigenständig bleibt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: