Kommentar:Mal ganz ehrlich

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McDonald's sagt nach dem Test des Bio-Burgers: Der Kunde will das nicht. Und: Wir schaffen das nicht. Ein Grund zur Häme? Ach was! Eher zum Lob.

Von Michael Kuntz

Es gibt sie noch, die richtig guten Dinge, und je besser sie sind, desto weniger gibt es davon. So ist es oft. Zum Beispiel beim Wein: Da erfreut man sich am Wohlgeschmack eines besonderen Jahrgangs, aber die Enttäuschung ist groß, wenn man später ein paar Flaschen nachkaufen will und es den Jahrgang aber nicht mehr gibt. Weil der Weinverkäufer zufriedene Kunden will, achtet er also darauf, ordentliche Ware auch in ordentlichen Mengen bereitzuhalten. Das müssen auch Gastwirte beachten, die nicht ständig ihre Weinkarte neu schreiben wollen, und Sommeliers von Fluggesellschaften, damit der Passagier den angebotenen Wein auch beim nächsten Flug wieder ordern kann.

Schwierig kann das Management solcher Angebote werden, wenn Dinge plötzlich so sehr in Mode kommen, dass die Nachfrage überraschend groß ausfällt und nicht mehr oder nur schwer zu befriedigen ist. Die Bio-Branche kennt sich mit dem Problem aus und diskutiert es mal wieder bei ihrer weltgrößten Messe Biofach, die gerade in Nürnberg stattfindet. Mehr Menschen mögen Produkte aus ihrer Region, sie wollen am liebsten den Landwirt und sein Vieh persönlich kennen, um ganz sicher zu sein, dass alles mit rechten Dingen zuging.

Das Bestreben, einer anspruchsvollen und zahlungsbereiten Kundschaft ihre Wünsche zu erfüllen, hat Produzenten angeblich ökologischer Lebensmittel nicht nur einmal vom rechten Weg abgebracht. So ließ sich mit konventionell gefütterten Schweinen, die als Bioschweine an Schlachthöfe verkauft wurden, mal eine Extramillion machen, bevor die Sache aufflog. Oder auch dieser Fall: Banden in Italien deklarierten herkömmliche Ware in teure Ökoprodukte um, korrupte Kontrolleure schauten zu.

Bei Bioware geht es also gelegentlich nicht nur um Gesundheit für Tier und Mensch, für die Branche mit knapp fünf Prozent Anteil am Markt für Lebensmittel geht es um Glaubwürdigkeit. Einen besonderen Beitrag dazu liefert soeben der amerikanische Fastfood-Konzern McDonald's, bis zum Jahr 2011 die Nummer eins unter den weltweit größten Restaurantketten. Eine Firma mit Problemen: Der größte Rivale, die Sandwich-Kette Subway, hat McDonald's längst überholt, lokale Burgerbrater wie Hans im Glück locken zudem gerade das trendige Jungvolk an. Nun aber strebt McDonald's zurück an die Weltspitze: Grüne Lokale mit superperfekter Abfalltrennung und Bio-Produkte wie der Burger McB sollen Subway und den anderen wieder zeigen, wer die Weltmacht ist. McDonald's macht deswegen viel Aufhebens und ließ zum Beispiel die Münchner Allianz-Arena in den Farben des McB erstrahlen. Es gebe eine größer werdende Klientel, die Bio bevorzuge, verkündete der Deutschland-Chef damals.

McDonald's - von Subway entthront und gepiekst von lokalen Burgerbratern

Doch mit seinem Bio-Burger hatte McDonald's den Mund zu voll genommen. Und zwar in zweierlei Hinsicht: Erstens geht, wer auf Luxus-Burger vom handgestreichelten Kobe-Rind steht, eher nicht zu McDonald's. Die Nachfrage war deshalb nicht groß genug. Sie war dann aber wohl doch noch zu groß, um viele Tonnen Biofleisch zweifelsfreier Herkunft zu beschaffen. Das hätte sich McDonald's mühsam in Europa zusammenkaufen müssen. Nicht auszumalen die Empörung zwischen den Birkenstämmen alternativer Burgerbuden, wenn der Kellner hätte erklären müssen: Sorry, kein Fleisch heute, unser Biometzger wurde von McDonald's leergekauft. Dazu kommt es nun nicht, welch ein Glück.

Mal ganz ehrlich: Es ist doch aufrichtiger, ein Bio-Projekt für gescheitert zu erklären und nicht so zu tun, als erfülle man die strengen Auflagen europäischer Behörden mit links. Weil es um McDonald's geht, reagieren viele Menschen zwar reflexhaft mit Häme, wenn vollmundige Ankündigungen zurückgenommen werden. Dem Verbraucher reinen Wein einzuschenken und eine Fehleinschätzung offenzulegen, ist aber eindeutig der bessere Weg, als sich bei einer Schummelei erwischen zu lassen. McDonald's dient zwar nicht unbedingt als Vorbild für gesunde Ernährung, taugt aber in diesem Fall durchaus als Vorbild für zeitgemäße Kommunikation.

© SZ vom 10.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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