Kommentar:Für Spott ist gesorgt

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Auf den ersten Blick sieht es aus, als könnte Rolf Breuer aufatmen. Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass der frühere Vorstands- und jetzige Aufsichtsratschef der Deutschen Bank nicht persönlich für den Schaden aufkommen muss, den er mit einem Fernseh-Interview im Februar 2002 bei Kirch angerichtet hat.

Von Daniela Kuhr

(SZ vom 11.12.03) - Stattdessen haftet die Deutsche Bank, in deren Namen Breuer damals die Kreditwürdigkeit der Mediengruppe von Leo Kirch angezweifelt hatte.

Doch der Richterspruch hat es in sich - bescheinigt er doch dem Ex-Chef der größten deutschen Bank, dass er mit seinen Äußerungen über Kirch das Bankgeheimnis verletzt hat. Ausgerechnet das Bankgeheimnis!

Wie hoch und heilig dieses Privileg den Kreditinstituten ist, erfährt man spätestens bei jedem vorsichtigen Versuch der Bundesregierung, daran zu rütteln: Jedesmal läuft die Kreditwirtschaft Sturm und prophezeit den Niedergang des deutschen Finanzplatzes.

Jeder angehende Bankkaufmann bekommt es am ersten Tag seiner Ausbildung eingebläut: "Was die Beziehungen zum Kunden angeht, muss absolute Diskretion herrschen." Und dann plaudert ausgerechnet der oberste Chef einer Bank, der mittlerweile auch Vorsitzender der Bundesverbands deutscher Banken ist, im Fernsehen über die heikle Kreditsituation eines angeschlagenen Kunden.

Peinlich

Etwas Peinlicheres als den Richterspruch aus München kann es für einen Banker eigentlich gar nicht geben.

Für den finanziellen Schaden, den er angerichtet hat, muss Breuer nun zwar nicht aufkommen, doch das ist ohnehin noch eine Sache mit vielen Fragezeichen.

Die Richter haben zwar entschieden, dass die Deutsche Bank den von Breuer verursachten Schaden ersetzen muss. Worin dieser aber besteht und wie hoch er ausfällt, darüber musste das Gericht nicht urteilen. Diese Fragen werden in einem weiteren Verfahren zu klären sein.

Vage

Der Schaden liege darin, dass der Verkauf von Unternehmensteilen durch die Insolvenz deutlich weniger Geld einbringe, heißt es von Kirch-Seite. Doch das ist ziemlich vage, zu vage für einen Gerichtsprozess, in dem jeder Anspruch bewiesen werden muss.

Kirch wird jeden Euro, den er verlangt, auf das Breuer-Interview zurückführen müssen. Kann das Kreditinstitut dagegen darlegen, dass Kirch ohnehin pleite gegangen wäre, sieht es schlecht aus für den Medienunternehmer.

Noch steht also überhaupt nicht fest, ob die Deutsche Bank an Leo Kirch jemals auch nur einen Euro Schadensersatz zahlen muss. Der Spott der Öffentlichkeit dagegen ist Rolf Breuer bereits heute sicher.

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