Kommentar:EZB, bitte übernehmen!

Lesezeit: 1 min

Der chinesische HNA-Konzern hat in der Schweiz nicht immer die volle Wahrheit gesagt. Es ist an der Zeit, dass dieser Koloss geprüft wird.

Von Christoph Giesen

Es ist amtlich: Der chinesische HNA-Konzern hat in der Schweiz nicht die volle Wahrheit gesagt, und bei mindestens einer Übernahme die Besitzverhältnisse falsch angegeben. Strohmänner, Stiftungen in China und New York, Aktienpakete, die munter die Besitzer wechseln - die Unklarheit ist gewaltig. Statt zu erklären und reinen Tisch zu machen, lässt HNA ausrichten: Alles nicht so schlimm, für Deutschland hat die Entscheidung aus der Schweiz keine Bedeutung. Welch ein Trugschluss!

HNA, so viel kann man mit Sicherheit über diese Geheimgesellschaft sagen, ist keine Klitsche, sondern ein gewaltiger Konzern mit Umsätzen in der Größenordnung von Siemens oder BMW. Und einer ordentlichen Beteiligung an der Deutschen Bank.

Im fernen New York mit Blick auf den Central Park sitzt ein Mann in einem Penthouse und twittert. Guo Wengui ist ein chinesischer Milliardär im Exil und seit gut einem halben Jahr der größte Feind von HNA. Regelmäßig verbreitet er Anschuldigungen gegen den Konzern. Sein Kernvorwurf: HNA sei fremdgesteuert, die Familie des ehemaligen obersten Anti-Korruptionsbekämpfers Wang Qishan führe Regie. Bislang lassen sich für diese Vorwürfe keine Belege finden. Bislang hat aber auch noch nie jemand hart nachgefragt.

Es ist an der Zeit, dass die Bankenaufsicht dieses Unternehmen endlich durchleuchtet. Wer ist HNA wirklich? Wem gehören welche Anteile? Gibt es noch mehr Strohmänner? Und wenn ja, wem dienen diese?

Das Schlüsselwort heißt Inhaberkontrollverfahren. Die Aufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) prüfen seit dem Sommer, ob sie HNA untersuchen sollen. Normalerweise ist ein solches Verfahren erst vorgesehen, wenn ein Aktionär mehr als zehn Prozent der Anteile an einer Bank oder Versicherung hält. HNA liegt bei der Deutschen Bank knapp unterhalb dieser Schwelle, bei 9,9 Prozent. Prüfung unmöglich? Es gibt eine Ausnahmeregel, nämlich dann, wenn die Aktionäre maßgeblichen Einfluss ausüben oder aber wenn sie besonders dubios, intransparent oder gefährlich für die Finanzstabilität sind.

EZB, bitte übernehmen Sie!

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: