Kommentar:Ernüchterung bei MTU

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Der Verkauf des Triebwerkherstellers MTU an die US-Investment-Gesellschaft KKR ist für die DaimlerChrysler AG ein Schluss-Strich, für die 8300 Mitarbeiter des Münchner Unternehmens ein Anlass zur Sorge.

Von Karl-Heinz Büschemann

(SZ vom 22.11.2003) — Für beide Seiten ist dieser Verkauf das Ende einer Ära. Lange war die MTU zur Hälfte, zuletzt sogar ganz im Besitz des Stuttgarter Traditionskonzerns, dessen Gründer auch zu den Vätern der MTU gehörten.

Die Verbindung von Daimler und MTU war nicht nur nüchtern-wirtschaftlicher Natur. Zwischen beiden gab es traditionell eine gewisse emotionale Verbundenheit.

Trotzdem ist der Verkauf für DaimlerChrysler ein logischer Schritt. Der Stuttgarter Konzern braucht dringend Geld, weil seine internationalen Autogeschäfte nicht gut laufen. Zudem korrigiert er eine Strategie, die in den achtziger Jahren begann.

Rolle rückwärts

Damals kaufte sich Daimler-Benz in die Luft- und Raumfahrtindustrie ein. Das Autogeschäft galt als wenig zukunftsträchtig. Jetzt vollzieht der Konzern die langsame Rolle rückwärts.

Erst wurden seine Luft- und Raumfahrtfirmen in die europäische EADS eingebracht, an der die Stuttgarter nur noch zu 30 Prozent beteiligt sind. Jetzt trennt man sich von der MTU. Und längst laufen Wetten darauf, wann DaimlerChrysler sich ganz von EADS trennt.

Die MTU-Mitarbeiter müssen sich auf harte Zeiten einrichten. In ihrem Unternehmen herrschen bald Herren, die nur ein Kriterium kennen - eine hohe Rendite. Die MTU hat zwar auch bisher ordentliche Gewinne abgeworfen, doch werden die Übernehmer sich kaum mit den bisherigen Erträgen zufrieden geben. Sie sind so ehrgeizig, dass sie die Neuwerbung schon in vier bis sechs Jahren mit Gewinn an die Börse bringen wollen.

Die Beschäftigten können daher erwarten, dass schon bald brutale Schritte auf sie zukommen. Die Investoren werden zügig dafür sorgen, dass die zersplitterte Triebwerksbranche zusammengeführt wird. Möglicherweise kauft die KKR noch Konkurrenten hinzu.

Das würde bedeuten, dass bei der MTU, die schon hart rationalisiert hat, weitere Arbeitsplätze wegfallen würden. Allerdings wäre nicht der jetzige Verkauf die Ursache für diese bedrohliche Entwicklung. Dieser Besitzerwechsel sorgt nur dafür, dass der Blick frei wird für die Realität einer Branche, die mehr Firmen und Arbeitsplätze hat als sie braucht.

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