Kommentar:Ein Amerikaner in Deutschland

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Happy End für den Mann aus Hollywood. Im zweiten Anlauf ist Haim Saban am Ziel und wird als erster Ausländer groß ins deutsche Fernsehgeschäft einsteigen.

Von Marc Beise

(SZ vom 06.08.03) - Aber ist das, was gut ist für den Geschäftsmann Saban, auch gut für die Senderfamilie ProSiebenSat.1? Und ist es gut für Deutschland?

Es ist jedenfalls besser als alles, was in den vergangenen Monaten war. Der Sender, der nach der unerbittlichen Messlatte der Marktanteile in die Zweitklassigkeit abgestiegen ist, braucht eine klare Führung.

Ein Medienexperte aus der kapitalistischen Welt, ein Unternehmer im Wortsinne, ein Selfmade-Milliardär kommt da genau richtig.

Vergangenheit einbeziehen

Wer den Einstieg des gebürtigen Ägypters Saban bewerten will, muss die Vergangenheit einbeziehen. Es soll ja goldene Zeiten gegeben haben im Reich des Medienunternehmers Leo Kirch.

Als seine Sender wuchsen und Erfolg hatten und sogar einige Qualität boten. Aber dieser Erfolg war nicht wirklich echt; er wurde von der Politik zulasten des Steuerzahlers teuer erkauft.

Nur dank der Protektion überaus wohlwollender Politiker konnten die amateurhaft geführten Kirch-Firmen so lange überleben.

Leo Kirch, die personifizierte Deutschland AG, ist grandios gescheitert: wahrlich kein Ruhmesblatt der Wirtschaftsgeschichte, auch keines der Standortpolitik.

Ehrenwert

Es mag ehrenwert gewesen sein zu glauben (und dafür zu sorgen), dass im Interesse des Gemeinwohls Fernsehen nur von deutschen Unternehmen und unter enger staatlicher Aufsicht betrieben werden sollte.

Damit aber wurde eine Branche nach innen und außen abgeschottet, ganz so, als gäbe es nicht die Globalisierung und die weltweite Öffnung der Märkte.

Der Wind des Wettbewerbs ist rau, gewiss, aber er ist auch heilsam. Mit dem Amerikaner Saban zieht nun die große weite Welt in Deutschlands Mediensbranche ein. Das birgt Risiken, aber auch Chancen.

Allerdings: Saban ist eine schillernde Persönlichkeit. Sein Pokerspiel mit leerem Blatt beim ersten Versuch, Kirch zu übernehmen, war nicht Vertrauen erweckend.

Er hat gelernt

Aber er hat gelernt. Sein zweiter Anlauf ist qualifizierter und besser vorbereitet. Wenn Saban tatsächlich ein "Exit-Dealer" sein sollte, einer, der den Kirch-Nachlass ausschlachten und dabei auf seinen Schnitt kommen will, dann begehen die Banken soeben einen Riesenfehler.

Wenn er aber mit unternehmerischem Instinkt und seiner Begeisterung für das Fernsehgeschäft der dahinsiechenden Senderfamilie neues Leben einhaucht, ist Saban ein Gewinn für die Firma und die deutsche Medienlandschaft. Der Versuch muss sein.

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