Kommentar:Die K-Frage

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(Foto: Bernd Schifferdecker)

Wenn Karstadt überleben will, führt für den Eigentümer Benko an einer Deutschen Warenhaus AG zusammen mit dem wesentlich profitableren Kaufhof kaum ein Weg vorbei.

Von Kirsten Bialdiga

Wer die Warenhauskette Karstadt kauft, ist in Deutschland auf einen Schlag fast so berühmt wie die Kanzlerin. Diese Erfahrung machte der weltläufige Investor Nicolas Berggruen und nach ihm der in Österreich verwurzelte neue Karstadt-Eigentümer René Benko. Diese Woche dürfte dessen Bekanntheit noch um ein paar Grade gestiegen sein. Benko wird mit seiner Immobilienfirma Signa als ernsthafter Anwärter für die Übernahme von Kaufhof gehandelt. Knapp drei Milliarden Euro bietet Signa angeblich für die zweite deutsche Kaufhaus-Ikone. Doch wie es aussieht, gibt es mindestens noch einen Interessenten, den Handelskonzern Hudson's Bay aus Toronto. Bis Juni könnten auch die Kanadier ihr Angebot einreichen.

Der Aufsichtsrat der Kaufhof-Muttergesellschaft Metro steht damit vor einer folgenschweren Entscheidung. Mit dem Verkauf von Kaufhof bestimmt er nicht nur über das Schicksal von 21 000 Beschäftigten. Sondern er stellt auch die Weichen, ob es bald überhaupt noch Warenhäuser in Deutschland gibt. Wenn sich der sieche Karstadt-Konzern auf Kosten des gesunden Kaufhofs saniert, ist das nicht ausgemacht - hoffentlich kommt Benko nicht zum Zuge.

Der Schwächere würde sich auf Kosten des Stärkeren sanieren

Schon die Motive der beiden Interessenten zeigen, dass Benko für den Kaufhof gegenüber Hudson's Bay die schlechtere Alternative ist. Denn die Kanadier haben Interesse an Kaufhof und seinen Immobilien, weil sie so auf Anhieb in Europa Fuß fassen könnten. Da sie hier bisher nicht vertreten sind, wären Filialschließungen unwahrscheinlich. Zudem bringt Hudson's Bay jahrhundertelange Erfahrung mit. Groß geworden ist das Unternehmen mit dem Handel von Fellen und Pelzen. Heute sind seine 90 Kaufhäuser im mittleren bis höheren Preissegment angesiedelt. In die Luxus-Liga kaufte sich Hudson's Bay vor Kurzem mit der amerikanischen Saks Fifth Avenue ein. Benko und Signa hingegen haben im Warenhausgeschäft kaum Erfahrung. Der 38-Jährige ist ein Selfmademan, der mit dem geschickten Handel mit Immobilien zu einigem Reichtum gekommen ist. Welche Pläne er verfolgt, wissen sie bei Karstadt bis heute nicht genau. In den vergangenen Monaten kürzte er Kosten, gab sechs Häuser auf und kündigte die Schließung weiterer fünf an, 960 Beschäftigten wurde bis Ende März gekündigt. Benko trieb die Trennung der Luxushäuser Oberpollinger, Alsterhaus und KaDeWe sowie der Sportfilialen vom maroden Warenhaus-Kern voran. Zukunftsinvestitionen knüpfte er an die Bedingung, dass die Sanierung von Karstadt erfolgreich sein müsse.

Ob Karstadt die Trendwende schafft, ist bis heute ungewiss. Wenn der Essener Konzern auf Dauer überleben will, führt für Benko an einer Deutschen Warenhaus AG zusammen mit dem wesentlich profitableren Kaufhof kaum ein Weg vorbei. Hohe dreistellige Millionenbeträge ließen sich so sparen, durch den Wegfall einer der beiden Konzernzentralen und die Schließung von Häusern in Städten, in denen beide Unternehmen vertreten sind. Keine Frage, ein Zusammenschluss wäre für Benko auf kurze Sicht die Rettung. Karstadt braucht Kaufhof.

Dagegen hat Kaufhof mit einem neuen Eigentümer Hudson's Bay, der in Läden und Onlinehandel investiert, auch allein beste Perspektiven. Mehr noch: Für Kaufhof könnte Karstadt zur Belastung werden. Dann sind auch Jobgarantien, wie sie Benko zusichert, nichts mehr wert. Der Schwächere würde sich auf Kosten des Stärkeren sanieren. Beispiele für solche Fälle gibt es genug: Auch der marode Krupp-Konzern setzte einst zur Übernahme des viel profitableren Konkurrenten Thyssen an. Vor zwei Jahren stand Thyssen-Krupp kurz vor der Pleite.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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