Kommentar:Die Deutsche Bank, die Citigroup und die Privatkunden

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Es bedarf schon eines genaueren Blickes, um das Zahlenwerk der Deutschen Bank zu durchschauen.

Von Lothar Gries

Vorstandschef Josef Ackermann war bei der Vorstellung in Frankfurt sichtlich bemüht, die Bilanz so transparent wie möglich zu präsentieren und jede Kennzahl um die dahinter stehenden Belastungen und Abfindungen zu bereinigen.

Schließlich sollen die Investoren davon überzeugt werden, dass der Branchenprimus des deutschen Kreditgewerbes nach der Ertragskrise der vergangenen Jahre nun den Blick wieder nach vorn richten kann. Dafür spricht die für einen Banker ungewöhnlich deutliche Prognose eines kräftigen Gewinnanstiegs auf 6,5 Milliarden Euro.

Schwieriges Geschäft mit den Privatkunden

Ob die Märkte von den optimistischen Aussagen Ackermanns tatsächlich überzeugt sind, muss bis auf weiteres unklar bleiben. Der deutliche Kursanstieg am Donnerstag dürfte eher auf die wieder aufflammenden Übernahmespekulationen zurückzuführen sein als auf den projizierten Gewinnanstieg.

Zum Kursanstieg beigetragen hat sicher auch die Aussicht auf eine erhöhte Dividende. Natürlich steht die Deutsche Bank heute entscheidend besser da als noch vor zwei Jahren. Das belegt der um das Dreifache gestiegene Gewinn nach Steuern.

Auch gelang es der Bank, im abgelaufenen Jahr ihre weltweit führende Stellung im Handel mit Wertpapieren zu festigen.

Doch die eigentliche Achillesferse des Konzerns, das Geschäft mit Privatkunden, blieb auch im vergangenen Jahr bestehen. Selbst bereinigt um hohe Abfindungszahlungen von über 300 Millionen Euro ging der Gewinn in dieser Sparte gegenüber dem Vorjahr leicht zurück.

Dieses Ergebnis zeigt erneut, wie schwer sich die Deutsche Bank in diesem von den Sparkassen und Genossenschaftsbanken dominierten Geschäftszweig tut. Deshalb können auch die immer wieder aufflackernden Gerüchte um eine Übernahme der Deutschen Bank nicht verwundern.

Die dabei ins Gespräch gebrachte amerikanische Citigroup macht keinen Hehl daraus, dass sie ihren Marktanteil im europäischen Privatkundengeschäft weiter ausbauen will. In diesem Plan könnte die Deutsche Bank eine entscheidende Rolle spielen. Sie zählt in Deutschland, Italien und Spanien gut sieben Millionen Kunden.

Gleichzeitig ließe sich das hochprofitable Investmentbanking der Deutschen gewinnbringend wieder verkaufen, was den Übernahmepreis für das Institut deutlich drücken würde. Ein solches Szenario, so die Einschätzung einiger Marktbeobachter, könnte durchaus in freundlichem Einvernehmen stattfinden.

© SZ vom 06.02.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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