Kommentar:Dauerbrenner Ladenschluss

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Der gesteigerte Umsatz an den langen Samstagen weckt bei manchen Händlern neue Begehrlichkeiten - eine weitere Lockerung bei den Öffnungszeiten soll her.

Von Stefan Weber

(SZ vom 26.08.2003) — Unter den Themen, über die sich Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften regelmäßig in die Haare geraten, rangiert der Ladenschluss weit oben. Seit im Frühjahr Einigkeit darüber erzielt wurde, dass die Geschäfte an Samstagen bis 20 Uhr geöffnet bleiben dürfen, hatte sich die Diskussion ein wenig beruhigt.

Damit ist es jetzt vorbei. Die mancherorts unerwartet hohen Umsätze an den "langen Samstagen" wecken neue Begehrlichkeiten. Schon fordern große Handelsunternehmen wie Metro oder Rewe, den Ladenschluss weiter zu lockern. Und wenn das Bundesverfassungsgericht, das sich Anfang November mit einer Klage des Kaufhofs gegen das Ladenschlussgesetz zu beschäftigten hat, eine Überprüfung der geltenden Vorschriften anordnet, sind die Schleusen offen. Dann droht erneut ein ermüdendes Gezerre über Chancen und Risiken längerer Öffnungszeiten.

Tatsache ist, dass die seit 1. Juni möglichen vier zusätzlichen Verkaufsstunden am Samstag vielen Händlern Umsatzsteigerungen beschert haben. Anders als von vielen Kritikern vermutet, ist das in den meisten Fällen nicht zu Lasten des Geschäfts an anderen Wochentagen geschehen.

Es handelte sich also um zusätzlichen Umsatz, für den nach bisherigem Kenntnisstand vor allem jüngere berufstätige Verbraucher gesorgt haben. Sie nutzten den Samstag vermehrt zum Shopping und Bummeln. Dass davon Unternehmen wie Douglas und Karstadt besonders profitiert haben, ist nicht weiter überraschend.

Denn deren Filialen befinden sich in den Toplagen der Innenstädte. Wie dagegen die Geschäfte in Randlagen seit Juni gelaufen sind, ist bisher nicht bekannt. Zu vermuten ist, dass die Kassen dort zuletzt sehr viel seltener geklingelt haben. Längere Öffnungszeiten sind somit vielleicht geeignet, die Konsumlust der Verbraucher ein wenig zu wecken.

Verlagerung des Kundeninteresses

Ganz sicher bewirken sie eine Verlagerung des Kundeninteresses: hin zur Innenstadt, wo neben dem Einkauf weitere Freizeitangebote locken, weg von Discountern auf der "Grünen Wiese", wo die Beschaffung von Waren im Vordergrund steht.

Die Innenstädte haben diese Auffrischung bitter nötig, denn dort stehen selbst an guten Standorten immer mehr Läden leer.

Bevor aber eine neue Debatte über das Ladenschlussgesetz einsetzt, sollten sich alle Beteiligten in Geduld üben. Noch ist keineswegs sicher, ob das Umsatzplus an den "langen Samstagen" Bestand hat. Zu vermuten ist vielmehr, dass die Begeisterung vieler Einkäufer in den nächsten Monaten abebben wird. Nach dem Weihnachtsgeschäft ist ein guter Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen.

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