Kommentar:Ausweichmanöver mit Ansage

Durch das Urteil des EuGH hat Microsoft zwar den Nimbus der Unangreifbarkeit verloren, doch die praktischen Auswirkungen dürften gering sein. Das Ausweichmanöver des US-Konzerns ist bereits absehbar.

Die Brüsseler EU-Kommission sieht es als erwiesen an, dass Microsoft sein Monopol missbraucht hat. Sie hat deshalb im März ein Rekord-Bußgeld von fast 500 Millionen Euro gegen den amerikanischen Softwareriesen verhängt und ihm zudem technische Auflagen gemacht.

Die Geldbuße hat den Konzern, der zig Milliarden Dollar in der Kasse hat, wenig beeindruckt. Doch die technischen Anordnungen - vor allem die Verpflichtung, eine Windows-Version ohne das Musik- und Video-Abspielprogramm Media Player anzubieten - trafen eine empfindliche Stelle.

Einstweilige Verfügung gescheitert

Über den grundsätzlichen Berufungsantrag hinaus hat Microsoft deshalb versucht, eine einstweilige Verfügung gegen die Auflagen zu erwirken. Das ist gescheitert; der Europäische Gerichtshof hat eine solche Verfügung abgelehnt.

Hätte er zugestimmt, wäre die EU-Kommission als zahnloser Tiger dagestanden. Bis zu einem endgültigen Urteil im Hauptverfahren wird es Jahre dauern, und bis dahin hätte Microsoft im Markt Fakten geschaffen.

Dem Konzern hingegen entsteht nach Einschätzung des Gerichts durch die Auflagen kein irreparabler Schaden, auch wenn er im Hauptverfahren gewinnen sollte.

Nimbus der Unangreifbarkeit verloren

Er hat damit zwar den Nimbus der Unangreifbarkeit verloren, doch die praktischen Auswirkungen dürften gering sein.

Wenn Microsoft, wie das Unternehmen durchblicken ließ, Windows ohne Media Player zum gleichen Preis wie die jetzige Version mit Media Player verkaufen wird, ist abzusehen, dass die meisten Verbraucher zur Vollversion greifen werden.

Die Wahlmöglichkeiten, die Brüssel schaffen will, würden damit unterlaufen. Und Microsoft könnte sogar sagen, dass der Markt es so will.

© SZ vom 23.12.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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