Kommentar:Auktion auf dem Prüfstand

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Die Kursentwicklung des Google-Papiers muss zeigen, ob sich die Methode der Internet-Auktion bewährt. Sollte sich der Preis auf Ausgabeniveau oder ein wenig darüber einpendeln, hätte Google Großes für die Aktienkultur bewirkt.

Von Antonie Bauer

Die Versteigerung von Aktien stellt den Anleger vor ein interessantes Paradox. Denn im Idealfall sorgt sie für einen markträumenden Preis, der Angebot und Nachfrage zur Deckung bringt — Kurssprünge am Tag der Erstnotiz sind daher nicht zu erwarten.

Wenn es schlecht läuft, treiben die unverbesserlichen Optimisten den Preis so hoch, dass die Aktie am ersten Tag abstürzt. Warum also sollte ein Interessent Gebote einreichen, statt die Papiere später an der Börse mit geringerem Aufwand und Risiko womöglich deutlich billiger zu erwerben?

Ganz einfach deshalb, weil er die Unternehmensanteile sehr günstig ersteigern kann, wenn alle so denken und sich zurückhalten. Google hat, wenn auch sicherlich unfreiwillig, mit zahlreichen Pannen viel getan, um auch optimistische Anleger zu bremsen; Investmentbanken und institutionelle Investoren, die von Auktionen wenig halten, haben in voller Absicht kräftig nachgeholfen.

Weniger wert als erhofft

Die Privatanleger blieben angesichts der überwiegend negativen Schlagzeilen kühl. Schließlich können sie schwer feststellen, was der wahre Wert eines Papiers ist: Eine Aktie ist das wert, was die anderen zahlen. Das war bei Google längst nicht so viel, wie die Gründer gehofft hatten.

Von einem irrationalen Überschwang war so wenig zu spüren, dass sie den Ausgabepreis kräftig senken mussten. Das war auch gut so. Wenngleich es sehr schwer ist, einen objektiven Wert festzustellen: 135 Dollar pro Aktie war mit großer Wahrscheinlichkeit überzogen. Die neue Marke von 85 Dollar erscheint dagegen im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen einigermaßen angemessen.

Ob das die Anleger auch so sehen? Erst die Kursentwicklung in den nächsten Wochen wird zeigen, ob das Auktionsverfahren eine teure und umständliche Schnapsidee war, die das Unternehmen oder die Anleger viel Geld gekostet hat, oder vielleicht doch eine gute Methode, die sich nur noch etwas besser einspielen muss.

Ziel verfehlt

Stürzt das Papier nachhaltig ab, dann ist die Versteigerung von Aktien auf lange Zeit, und auch zu Recht, tot. Springt es nach oben, dann ist das zwar für die Bieter erfreulich, doch die Auktion hat ihr Ziel verfehlt, den markträumenden Preis für die Aktien zu finden.

Auch dann werden sich wohl kaum Nachahmer finden. Doch wenn jeder Bieter die gewünschten Papiere bekommen sollte und der Kurs sich auf Ausgabeniveau oder ein wenig darüber einpendelt, dann hat Google Großes für die Aktienkultur getan: Damit hätte es der Welt gezeigt, dass es ein faireres und transparenteres Verfahren für die Aktienausgabe gibt als die bisherige Methode.

© SZ vom 20.08.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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